Irak-Krieg unnötig Bush-Buddie packt aus
28.05.2008, 17:14 UhrDer ehemalige Sprecher von George W. Bush hat dem US-Präsidenten eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit vor dem Irak-Krieg vorgeworfen. Der Invasion im Frühjahr 2003 sei eine vom Weißen Haus inszenierte "politische Propaganda-Kampagne" vorausgegangen, in der Bush "nicht ehrlich und offen" über die wahren Gründe der Kriegsentscheidung gesprochen habe, schreibt Scott McClellan in einem Buch über seine Arbeit als Bushs Pressesprecher, aus dem US-Medien vorab zitierten. Das 341-Seiten-Buch erscheint am Montag. McClellan bezichtigt Bush darin nicht der Lüge, aber der bewussten "Manipulation der öffentlichen Meinung".
Die Irak-Invasion wertet McClellan als "ernsthaften strategischen Pfusch". Anders als von Bush behauptet sei der Krieg keinesfalls unumgänglich gewesen. Statt den Konflikt zu verhindern, habe der Präsident "die Krise so gemanagt (...), dass so gut wie garantiert war, dass der Krieg als einzige machbare Möglichkeit übrig blieb". "Ich weiß, dass Kriege nur geführt werden sollten, wenn sie notwendig sind, und der Irak-Krieg war nicht notwendig." Bush habe seit Sommer 2002 gezielt auf den Krieg hingearbeitet und eine "aggressive Verkaufsstrategie" in der Öffentlichkeit verfolgt. Dabei hatte auch McClellan, der von 2003 bis 2006 Bushs Sprecher war, eine Rolle gespielt: Zu seinen wichtigsten Aufgaben hatte gezählt, den Irak-Krieg zu verteidigen. Damals habe er Dinge gesagt, die "schwer fehlgeleitet" waren, gesteht McClellan nun ein.
"Schlecht beraten"
In seinem Erinnerungsbuch rechnet McClellan überaus kritisch mit Bush-Beratern wie Condoleezza Rice und Dick Cheney ab. Bush sei von seinen engsten Mitarbeitern "unglaublich schlecht" beraten worden. Besonders deutlich kritisiert McClellan die damalige Sicherheitsberaterin und jetzige Außenministerin Rice: "Was auch immer falsch lief, sie schaffte es immer, ihre Hände sauber zu halten (...) und dabei wie ein Star auszusehen." Vizepräsident Cheney charakterisiert McClellan als "Magier", der die Politik aus dem Hintergrund steuere und dabei keine Fingerabdrücke hinterlasse.
Seinem früheren Chef Bush attestierte McClellan einen "Mangel an Neugier", der mit zu den Fehlentscheidungen im Irak-Krieg beigetragen habe. Bush sei zwar "intelligent genug, um Präsident zu sein", urteilt McClellan. Doch fehle ihm der Willen oder die Fähigkeit zur nachdenklichen Bewertung seiner Entscheidungen. "Ein Amtsinhaber mit mehr Selbstvertrauen wäre in der Lage gewesen, Fehlentscheidungen zuzugeben, und hätte darauf vertraut, dass ihm das Volk die Fehler nachsieht, sofern er eine Bereitschaft zur Besserung zeigte." Respekt für seinen langjährigen Chef habe er aber immer noch, versicherte McClellan: "Ich mag und bewundere Präsident Bush noch immer."
Katrina als Bushs Katastrophe
McClellan geht in seinem Buch "What Happened: Inside the Bush White House and Washington's Culture of Deception" auch auf das Missmanagement der Regierung nach dem Hurrikan "Katrina" im Jahr 2005 ein. Die erste Woche nach der Katastrophe in New Orleans habe die Regierung in einem "Zustand vollständiger Verleugnung" verbracht. "Eine der größten Katastrophen unseres Landes wurde zu einer der größten Katastrophen der Bush-Präsidentschaft", heißt es in McClellans Buch.
Das Weiße Haus lehnte eine Stellungnahme zu McClellans Buch zunächst ab. Bushs früherer Chefstratege Karl Rove, der in dem Werk ebenfalls scharf kritisiert wird, bezeichnete McClellans Buch im Sender FoxNews als "ein wenig unverantwortlich". Rove warf dem Autor vor, seine Kritik zu lange für sich behalten zu haben. "McClellan hätte früher den Mund aufmachen müssen", wenn er Bedenken über die Politik im Weißen Haus gehabt habe, sagte Rove. Ähnlich äußerte sich auch Fran Townsen, ehemalige Chefberaterin für Innere Sicherheit. Sie warf McClellan vor, niemals Widerspruch gegen Bush Kriegstreiberei eingelegt zu haben. "So viel wie ich weiß, hat er niemals den Mund aufgemacht."
Der inzwischen 40 Jahre alte McClellan war 2006 nach einem Personalrevirement im Weißen Haus ausgeschieden. Er hatte bereits für Bush gearbeitet, als dieser in den 90er Jahren Gouverneur in Texas war. Bei seiner Verabschiedung hatte Bush die "Klasse und die Integrität" McClellans gelobt.
Quelle: ntv.de