Kein Streit um Irak-Frage? Bush: "Scharon für Vergeltung"
16.10.2002, 00:07 UhrIsraels Ministerpräsident Ariel Scharon hat nach einem Treffen mit US-Präsident George W. Bush in Washington das Verhältnis zur US-Regierung gelobt. Israel habe nie einen besseren Freund im Weißen Haus gehabt als den amtierenden Präsidenten, sagte Scharon. Im Mittelpunkt des Gesprächs hatte das Verhalten Israels im Falle eines US-Angriffs auf den Irak.
Bush erklärte im Anschluss, er sei sich sicher, dass Scharon Vergeltung üben werden, falls Israel vom Irak angegriffen werde. "Er hat den Wunsch, sich zu verteidigen", sagte Bush, ohne Angaben darüber zu machen, ob er Scharon in dem Gespräch für den Fall eines Iraks-Kriegs zur Mäßigung aufgefordert hatte.
Scharon hat angekündigt, bei irakischen Raketenangriffen auf sein Land zurückschlagen zu wollen. Im Golfkrieg 1991 hatte der Irak mehrere Scud-Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert. Damals verzichtete Israel auch auf Drängen der USA auf militärische Gegenschläge.
Israel sei zu "baldigen" Friedensverhandlungen mit den Palästinensern bereit, erklärte Scharon. Sein Land glaube, dass es zugleich Schritte zur Selbstverteidigung unternehmen und sich auf der "politischen Schiene" vorwärts bewegen könne, erklärte er. Bush kündigte an, den Abteilungsleiter für Nahost-Fragen im US-Außenministerium, William Burns, in die Krisenregion zurück zu entsenden, um dem Friedensprozess neuen Schwung zu geben.
Räumung begonnen
Die israelische Armee begann mit dem Abbau von Wohncontainern in einer ohne Genehmigung im Westjordanland gebauten jüdischen Siedlung. Die Bewohner der Kleinsiedlung Chawat Gilad (zu Deutsch: Gilads Farm) südlich von Nablus gaben ihren Widerstand auf, nachdem ihnen zugesagt worden war, dass sie das Gelände künftig weiter als landwirtschaftliche Farm nutzen dürften.
Zunächst war die Armee mit dem Versuch der Räumung gescheitert. Mehr als tausend militante Siedler hatten die Zufahrtswege zu der Siedlung blockiert. Sie bewarfen Journalisten mit Steinen, schlugen eine ausländische Fotografin und zerstörten mehrere Autos.
Die israelische Besiedlung der Palästinensergebiete verstößt insgesamt gegen internationales Recht. Neben 200 mit Einwilligung der israelischen Regierung errichteten Siedlungen entstanden in den vergangenen Jahren auch mehr als 100 "nicht genehmigte" Kleinsiedlungen.
Der israelische Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser hatte Anfang Oktober die Räumung von insgesamt 30 dieser "Vorposten" genannten Kleinsiedlungen, von denen nur wenige tatsächlich bewohnt sind, angekündigt. 17 wurden in der vergangenen Woche offiziellen Angaben zufolge bereits aufgelöst.
Neues Kabinett Arafats
Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat Teile seines neuen Kabinetts präsentiert. Unter anderem solle der Posten des Innenministers mit Hani el Hassan, einem langjährigen Gefolgsmann Arafats, neu besetzt werden. Bislang bekleidete das Amt Abdel Rasak Jehijeh, der erst im Juni berufen worden war.
Im Amt bleiben sollen hingegen Finanzminister Salam Fajad, Planungsminister Nabil Schaath und Kabinettsminister Sajeb Erekat. Fajad, ein Ökonom mit internationaler Erfahrung, gilt als Schlüsselfigur im palästinensischen Reformprozess. Das alte Kabinett war Mitte September zurückgetreten, um seiner drohenden Ablehnung bei einer Abstimmung im Parlament zuvorzukommen. Möglicherweise schon heute wird Arafat sein komplettes neues Kabinett vorstellen.
Quelle: ntv.de