Politik

NATO-Osterweiterung Bush heizt Streit an

Vor dem NATO-Gipfel in Bukarest kocht der Streit in der Allianz über die Osterweiterung des Bündnisses hoch. US-Präsident George W. Bush, unterdessen aus der Ukraine kommend in der rumänischen Hauptstadt eingetroffen, warb in Kiew offensiv dafür, auf dem am Mittwoch beginnenden Gipfel die Weichen für eine Aufnahme der Ukraine und Georgiens in die NATO zu stellen. Frankreich und auch Deutschland halten das für verfrüht.

Frankreich und Deutschland dagegen

Der französische Premierminister Franois Fillon sprach sich entschieden dagegen aus, den beiden Ländern ein Vorbeitrittsprogramm anzubieten. Eine Mitgliedschaft der Ukraine und Georgiens würde die Machtbalance zwischen Europa und Russland erschüttern, warnte er im Radiosender France Inter. "Frankreich wird kein grünes Licht zur Aufnahme der Ukraine und Georgiens geben", so Fillon; "in dieser Frage weicht Frankreichs Haltung von der der USA ab." Frankreich wolle "über dieses Thema mit Russland reden". Dies werde Präsident Nicolas Sarkozy in Bukarest vertreten.

Auch die Bundesregierung bekräftige ihre ablehnende Haltung gegenüber einer Mitgliedschaft Georgiens und der Ukraine in dem Militärbündnis. Deutschland sei nicht grundsätzlich gegen die Aufnahme der beiden Länder in das Aktionsprogramm zur Annäherung an die NATO, halte aber jetzt den Zeitpunkt für falsch, hieß es in Regierungskreisen. Dies wurde für Georgien mit den aktuellen Konflikten mit den abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien und im Falle der Ukraine mit der fehlenden Unterstützung in der Bevölkerung für eine NATO-Annäherung begründet. Die deutschen Vorbehalte seien "keine Ableitung unserer Politik gegenüber Russland" hieß es, Moskau habe in dieser Frage kein Veto-Recht.

Putin zum Abschluss beim Gipfel

Der russische Vizeaußenminister Grigori Karkassin warnte vor einer "Krise in den russisch-ukrainischen Beziehungen", falls die Ukraine ihren Kurs in Richtung NATO fortsetzen sollte. Zum Abschluss des NATO-Gipfels am Freitag wird auch der russische Präsident Wladimir Putin in Bukarest erwartet.

Abkommen in Sotschi geplant?

Bush sagte bei seinem Treffen mit dem ukrainischen Staatspräsidenten Viktor Juschtschenko in Kiew: "Es ist in unserem Interesse, dass die Ukraine beitritt." Er begrüßte den Antrag des Landes auf eine Aufnahme in den sogenannten "Aktionsplan für eine Mitgliedschaft" (MAP) der NATO als "mutige Entscheidung" und ergänzte: "Die Vereinigten Staaten unterstützen Ihren Antrag entschieden."


Russland sicherte er im Streit um die US-Raketenabwehrpläne in Mitteleuropa zu, dass das System nicht gegen Moskau gerichtet sei. "Es (das System) ist keine Bedrohung für Russland. Russland mit seinem Arsenal könnte das System leicht überwinden", sagte Bush. Die in Polen geplante Stationierung von zehn Abwehrraketen und die in Tschechien vorgesehene Radaranlage seien für den Schutz der Europäer vor möglichen Angriffen aus dem Mittleren Osten gedacht.

Nach Informationen der staatlichen Agentur RIA Nowosti könnte Bush an diesem Sonntag mit Putin in der Schwarzmeerstadt Sotschi ein bilaterales Abkommen unterzeichnen. Experten beider Länder würden das Dokument derzeit vorbereiten. Es solle "Orientierungsmarken für die Beilegung des Streites um die geplante US-Raketenabwehr" beinhalten, meldete die Agentur unter Berufung auf den Kreml. Außerdem solle das Abkommen den strategischen Rahmen für die künftigen russisch-amerikanischen Beziehungen festlegen. Eine solche Vereinbarung halten Experten vor dem bevorstehenden Ausscheiden beider Staatschefs für wahrscheinlich.

Zuletzt hatten die USA angeboten, Kontrollen russischer Inspekteure an den umstrittenen Anlagen zuzulassen. Nach offiziellen polnischen und tschechischen Angaben sind die Verträge mit den USA nahezu unterschriftsreif.

Die Raketensilos in Polen sollen nach einem US-Vorschlag erst "bei einer nachweisbaren Gefahr" zum Beispiel aus dem Iran bestückt werden. Außerdem soll das Radar in Tschechien laut einem Bericht der Moskauer Tageszeitung "Kommersant" technisch nicht in der Lage sein, das russische Territorium zu kontrollieren. Bush betonte in Kiew, das System sei auch in Putins Interesse. Russland sieht sich allerdings durch die Anlagen bedroht und hat für den Fall einer Umsetzung der Pläne mit Gegenmaßnahmen gedroht. "Ob wir (in Sotschi) einen Durchbruch erzielen, wird man sehen", sagte der US-Präsident in Kiew.

Gespräche mit Rumänien

Noch vor der offiziellen Gipfel-Eröffnung am Mittwochabend will Bush in Bukarest auf einer Tagung eine Rede halten und an den Schwarzmeer-Ort Neptun reisen, um dort mit dem rumänischen Staatspräsidenten Traian Basescu Gespräche zu führen. Das Treffen von Bush und Basescu will die rumänische Regierung als Zeichen verstanden wissen, dass die USA und die NATO der Schwarzmeer-Region mehr Bedeutung als bisher zukommen lassen wollen. Die USA betreiben seit dem vergangenen Sommer am Schwarzen Meer Truppenstützpunkte. Nach dem NATO-Gipfel will Bush nach Kroatien weiterreisen.

Quelle: ntv.de

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