Politik

Wackelige Ampel-Regierung CDU bereitet sich auf Kurzfrist-Wahlkampf vor

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Linnemann attackierte Innenministerin Faeser für eine Äußerung zum Totschlag in Bad Oeynhausen.

Linnemann attackierte Innenministerin Faeser für eine Äußerung zum Totschlag in Bad Oeynhausen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Hält die Ampel-Koalition? Oder gibt es womöglich noch in diesem Jahr Neuwahlen? So richtig glaubt CDU-Generalsekretär Linnemann nicht daran. Doch seine Partei sei vorbereitet, sagt er nach der Parteiklausur in Berlin. Brandenburgs CDU-Chef fordert mehr Härte gegen junge Straftäter.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hält ein vorzeitiges Ende der Ampel-Koalition für möglich, allerdings nicht für wahrscheinlich. Er glaube "zu einem Drittel", es könne noch in diesem Jahr Neuwahlen geben, zu zwei Dritteln turnusgemäß im kommenden, sagte er im Konrad-Adenauer-Haus vor Journalisten. Sollte Bundeskanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage im Bundestag stellen und verlieren, müsste die Bundestagswahl vorgezogen werden. Derzeit verhandelt Scholz mit Grünen-Vizekanzler Robert Habeck und FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner über den Haushalt für das kommende Jahr. Kommt es zu keiner Einigung, könnte die Ampel-Koalition daran zerbrechen.

Linnemann sagte, die CDU könne innerhalb von zehn Wochen einen Bundestagswahlkampf auf die Beine stellen. "Wir werden sehr schnell in der Lage sein, ein Wahlprogramm vorzustellen", sagte er. Das auf dem Parteitag Anfang Mai verabschiedete neue Grundsatzprogramm biete dafür die besten Voraussetzungen. Linnemann äußerte sich gemeinsam mit dem Brandenburger CDU-Chef Jan Redmann, nachdem die CDU zwei Tage lang in der Berliner Parteizentrale in Klausur gegangen war. Neben der Analyse der Europawahlergebnisse habe man besonders über die kommenden Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen (jeweils am 1. September) und in Brandenburg (22. September) gesprochen. In Umfragen liegt die AfD in allen drei Ländern vor der CDU.

Redmann sagte, eine solche Diskussion habe es bisher so nicht im CDU-Präsidium gegeben und sie sei auch notwendig gewesen. Zuletzt hatte es Unstimmigkeiten zwischen Landesverbänden und Parteispitze gegeben, nachdem CDU-Chef Friedrich Merz scheinbar insgesamt eine Zusammenarbeit der CDU mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ausgeschlossen hatte. Nach Widerspruch, der auch von Redmann kam, sagte Merz, er habe sich nur auf die Bundesebene bezogen. Insbesondere in Thüringen und Sachsen sind Szenarien denkbar, in denen das BSW nach der Wahl der einzige Koalitionspartner für die CDU sein könnte.

Strafmündigkeit auf zwölf Jahre absenken

Der Brandenburger CDU-Chef Redmann fordert eine Absenkung des Strafmündigkeitsalters.

Der Brandenburger CDU-Chef Redmann fordert eine Absenkung des Strafmündigkeitsalters.

(Foto: picture alliance/dpa)

Redmann beklagte, in Ostdeutschland hätten viele insgesamt das Vertrauen in die Politik verloren. Das sei vor allem auf die Politik der Ampel-Koalition zurückzuführen. Auch die CDU müsse verlorenes Vertrauen wieder aufbauen. Insbesondere bei der Flüchtlings- und Bildungspolitik sowie bei der inneren Sicherheit gebe es große Zweifel daran, ob der Staat noch handlungsfähig sei. So werde "Feinden der Demokratie" und Populisten der Boden bereitet. Bei der Europawahl am 9. Juni wurde die AfD in allen ostdeutschen Bundesländern stärkste Kraft.

Redmann stellte mehrere Forderungen zur inneren Sicherheit auf - eines der wichtigsten Wahlkampfthemen. So bekräftigte er seine Forderung, die Strafmündigkeit schon für Kinder ab 12 Jahren einzuführen. Bislang ist 14 Jahre die Grenze. Es gehe nicht darum, Kinder ins Gefängnis zu bringen, sagte der 44-Jährige, sondern Erziehungsmaßnahmen einzuleiten. Manche Kinder unter 14 hätten bereits eine ganze Reihe von Straftaten begangen, so der Brandenburger. Es gebe aber keine Handhabe dagegen. In Frankreich, Großbritannien und Irland gebe es bereits ein niedrigeres Strafmündigkeitsalter als in Deutschland.

Eine härtere Gangart forderte er auch beim Jugendstrafrecht. Das werde bislang in den meisten Fällen für Straftäter bis 21 Jahre angewandt, kritisierte er. Stattdessen solle es bereits bei 18-Jährigen greifen. Gerade wer zum ersten Mal mit dem deutschen Rechtsstaat in Berührung komme, dürfe nicht den Eindruck von Laissez-Faire gewinnen, sagte Redmann. Für Messerstecher forderte er eine Mindesthaftstrafe von einem Jahr.

Faeser soll Äußerung klarstellen

Linnemann hatte zuvor Innenministerin Nancy Faeser kritisiert für ihre Reaktion auf den mutmaßlichen Totschlag im nordrhein-westfälischen Bad Oeynhausen durch einen Syrer. Der Tatverdächtige war 2015 durch Familiennachzug nach Deutschland gekommen. Faeser hatte gefordert, über diese Form "nicht gelungener sozialer Integration" mehr zu reden. Linnemann sagte, dies sei "völlig inakzeptabel" und sei eine "Täter-Opfer-Umkehr". Inwiefern das der Fall sei, führte er nicht aus. Er forderte die Ministerin auf, zu erklären, wie sie ihre Äußerung gemeint hatte. Linnemann sagte, "ungebremste Migration" überfordere Deutschland an vielen Stellen und sei ein Sicherheitsrisiko.

Redmann sagte, ähnlich wie es sich bei der Parlamentswahl in Frankreich gezeigt habe, sei die AfD auch in Ostdeutschland in strukturschwachen, ländlichen Räumen stark. Nach der Massenarbeitslosigkeit der 90er Jahre hätten sich viele aus prekären Verhältnissen herausgearbeitet. Nun sei die Befürchtung groß, Deutschland könne wirtschaftlich den Anschluss verlieren. "Sie fühlen sich auf einer Anhöhe und sehen eine abschüssige Bahn vor sich", sagte Redmann. Überlegungen wie die der Deutschen Bahn, IC-Halte in Thüringen stillzulegen oder auch mögliche Krankenhausschließungen verstärkten das Gefühl, abgehängt zu werden. Er kündigte an, im Wahlkampf auch in kleine Orte zu gehen. Dort wolle er am Kirchturm eine Holzbank aufstellen, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.

Quelle: ntv.de

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