Politik

Seehofer will Mythos retten CSU-Chef Huber tritt zurück

Mit einem Führungswechsel von Erwin Huber zu Horst Seehofer versucht die CSU nach ihrem Wahldebakel einen Befreiungsschlag. Parteichef Huber kündigte nach nur einem Jahr Amtszeit seinen Rücktritt an und machte damit den Weg für Seehofer frei. Der Bundesagrarminister erklärte unmittelbar darauf in Berlin seine Kandidatur für den Parteivorsitz. Darüber entscheidet ein Sonderparteitag am 25. Oktober in München.

Auch Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) gerät immer stärker unter Druck. In der Berliner CSU-Landesgruppe wurden Forderungen nach einer Ablösung Becksteins laut - ebenfalls durch Seehofer. Auch im mitgliederstärksten CSU-Bezirksverband Oberbayern gibt es Rufe nach Becksteins Rückzug. Der Regierungschef bekräftigte indes, er wolle noch diese Woche Sondierungsgespräche mit den möglichen Koalitionspartnern FDP und Freie Wähler beginnen.

Fast zeitgleich mit Hubers Rückzug sorgte eine Meldung der Münchner "Abendzeitung" über angebliche Rücktrittsabsichten Becksteins für Wirbel. Die Staatskanzlei dementierte dies umgehend. Ihr Amt niederlegen wird aber CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer.

Landesgruppe gegen Beckstein

"Fast die gesamte Landesgruppe will, dass Günther Beckstein aufhört und Horst Seehofer das Amt mit übernimmt", sagte ein Teilnehmer der Sitzung in Berlin. Dann seien beide Ämter wieder in einer Hand. Seehofer will nach Angaben von Landesgruppen-Geschäftsführer Hartmut Koschyk jedoch als Parteivorsitzender in Berlin bleiben. Über die Person des Regierungschefs werde in der Landtagsfraktion in München entschieden.

Seehofer soll nach dem Willen der CSU-Landesgruppe Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2009 werden. Der Minister sagte, es gehe nun darum, die CSU in ihrem Mythos und in ihrer Einmaligkeit der vergangenen fast fünf Jahrzehnte zu stabilisieren. Er wolle so schnell wie möglich "das Vertrauen der Bevölkerung zurückerobern". Huber sagte nach einer nächtlichen Krisensitzung des engsten CSU-Führungszirkels am Morgen, er wolle seiner Partei die Chance für einen personellen Neubeginn an der Spitze geben. Er werde seine Aufgaben bis Ende Oktober wahrnehmen.

"Rückzug selbstverständlich"

Haderthauer nannte ihren Rückzug angesichts des CSU-Wahlergebnisses selbstverständlich. Die CSU war bei der Landtagswahl um 17,3 Punkte auf 43,4 Prozent abgestürzt. Damit braucht sie nach mehr als 40 Jahren Alleinregierung künftig einen Koalitionspartner. Als wahrscheinlichster Partner gilt die FDP. Die CSU muss unter hohem Zeitdruck Koalitionsverhandlungen führen - der Ministerpräsident muss laut Verfassung spätestens am 27. Oktober im Landtag gewählt werden.

Hubers bisheriger Plan, 2009 als CSU-Spitzenkandidat nach Berlin zu wechseln, ist damit gescheitert. Seehofer sagte, es sei sein Wunsch, dass der bisherige Finanzminister in der Landesregierung und in der Landtagsfraktion maßgebliche Verantwortung übernehme. Huber hatte vor fast genau einem Jahr bei einem CSU-Parteitag in einer Kampfabstimmung gegen Seehofer den Parteivorsitz erobert.

"Populistenrochade" zwischen Huber und Seehofer

SPD-Bundestagsfraktionschef Peter Struck sagte, er mache sich "ernsthaft Sorgen um den Seelenzustand der Union". In der Koalition müssten aber jetzt alle Partner "ordentlich weiter regieren". Grünen-Chefin Claudia Roth erklärte, eine "Populistenrochade" zwischen Huber, der das Blaue vom Himmel versprochen habe, und Seehofer, der jedem verspreche, was er hören wolle, helfe Bayern nicht weiter.

Quelle: ntv.de

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