Angeklagter macht zahlreiche Angaben Carsten S. gibt Waffenkauf für NSU-Trio zu
04.06.2013, 15:31 Uhr
Carsten S. im Münchner Gerichtssaal.
(Foto: dpa)
Am fünften Verhandlungstag kommt im Münchner NSU-Prozess erstmals ein Angeklagter zu Wort. Carsten S. schildert, wie er in die rechte Szene geriet. Schließlich gesteht er, dass er die spätere Mordwaffe für den Nationalsozialistischen Untergrund besorgt hat.
Im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) München hat erstmals einer der Angeklagten ausgesagt. Der mutmaßliche NSU-Helfer Carsten S. schilderte vor Gericht zunächst seinen Lebensweg und seine Zeit in der rechten Szene. Er beschrieb ausführlich, wie er auf der Suche nach Anschluss und Anerkennung und verunsichert durch seine damals geheim gehaltene Homosexualität zur rechten Szene kam.
Ihm wird vorgeworfen, zusammen mit dem Angeklagten Ralf Wohlleben eine Tatwaffe beschafft zu haben. S. gab vor dem Oberlandesgericht München an, eine Pistole mit Schalldämpfer besorgt zu haben - wie bereits in seinen Vernehmungen im Ermittlungsverfahren.
Mit einer Waffe der Marke "Ceska" wurden neun Geschäftsleute ausländischer Herkunft ermordet. Dass die Pistole für Morde benutzt werden könnte, habe er nie geglaubt, betonte der 33-Jährige. Er sei davon ausgegangen, dass damit "nichts Schlimmes passiert", sagte er. "Ich hatte so ein positives Gefühl, was die drei anging, dass die in Ordnung wären, so in die Richtung", sagte er mit Blick auf das mutmaßliche NSU-Terrortrio.
Die Anklage wirft ihm Beihilfe zu neun Morden vor. Er habe damit rechnen müssen, dass die Waffe für die Tötung von Menschen eingesetzt werden sollte. Der Sozialpädagoge ist seit langem aus der Neonazi-Szene ausgestiegen und hatte schon im Ermittlungsverfahren umfangreiche Angaben gemacht.
Der 33-jährige S. sagte in seiner Befragung, er sei erstmals als Lehrling mit rechtsradikalen Ideen in Berührung gekommen. Im Jahr 1997 nahm er demnach etwa an einer NPD-Demo teil. Im Jahr 2000 stieg er nach eigener Darstellung aus der rechten Szene aus.
Zschäpe-Anwältin sieht Vorverurteilung
Vor der Aussage von S. hatte die Verteidigung der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe die Einstellung des Verfahrens beantragt. Anwältin Anja Sturm begründete dies unter anderem damit, dass es durch Vertreter des Staates eine "beispiellose Vorverurteilung" ihrer Mandantin gegeben habe. Die Bundesanwaltschaft forderte, den Antrag als "unbegründet" abzulehnen.
Vor dem OLG müssen sich neben Zschäpe vier mutmaßliche Helfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) verantworten. Der NSU, zu dem neben Zschäpe die verstorbenen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zählten, soll für zehn Morde, zwei Bombenanschläge und fünfzehn Banküberfälle verantwortlich sein. Die Hauptangeklagte Zschäpe will sich in dem Prozess nicht zu den Vorwürfen äußern.
Zu Beginn des ersten Prozesstages nach einer rund zweiwöchigen Pause wegen der Pfingstferien in Bayern hatte das Gericht mehrere Anträge von der Verteidigung zurückgewiesen. Darunter war auch der Antrag der Anwälte des Angeklagten Ralf Wohlleben, das Verfahren wegen öffentlicher Vorverurteilungen und der möglichen Verwicklung von Geheimdiensten einzustellen.
Quelle: ntv.de, AFP