Politik

Von Merkel und Hitler Chavez' gewagte Analyse

Unmittelbar vor ihrer ersten Lateinamerika-Reise ist Bundeskanzlerin Angela Merkel von Venezuelas Präsident Hugo Chvez in die Nähe Adolf Hitlers gerückt worden. Der seit längerem für seine politischen Ausfälle berüchtigte Staatschef sorgte damit erneut für einen Eklat. Merkel, die am Dienstag zunächst nach Brasilien fliegt, hatte in einem Interview über Chvez gesagt, dass der Linksnationalist nicht für Lateinamerika insgesamt spreche.

Die Bundeskanzlerin gehöre der politischen Rechten an, "derselben Rechten, die (Adolf) Hitler, die den Faschismus unterstützt hat", sagte Chvez am Sonntag in Caracas, wenige Tage vor dem EU-Lateinamerika-Gipfel in der peruanischen Hauptstadt Lima. Nach Bekanntwerden der Aussagen reagierte Merkel betont gelassen und blieb ausdrücklich bei ihrer kritischen Haltung. Die Ausführungen von Chvez sprächen für sich selbst, sagte ein Regierungssprecher.

Chavez hatte Ansätze zu weiteren Attacken auf Merkel gemacht, hielt sich aber schließlich zurück. "Frau Bundeskanzlerin, Sie können ...", hub er an, sagte dann aber nach einer kurzen Pause: "Weil Sie eine Dame sind, werde ich diesen Satz nicht vollenden." Er beschuldigte Merkel, Regierungschefs in Lateinamerika gezielt dazu aufgerufen zu haben, keine engen Verbindungen zu Venezuela zu unterhalten.

Linksnationalismus kein Zukunftsmodell

In dem Interview hatte Merkel zuvor mit Blick auf den EU-Lateinamerika-Gipfel den Ländern des Subkontinents eine neue Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Armut angeboten. In einer linksnationalistischen Politik, wie sie Chvez vertritt, sah Merkel kein Zukunftsmodell für die Verbesserung der bedrückenden sozialen Lage in vielen Ländern Lateinamerikas. Vor einer vertieften Zusammenarbeit mit Kuba erwartet Merkel vom neuen Präsidenten Ral Castro weitere Demokratisierungsschritte.

In dem auch auf Spanisch verbreiteten Interview bezog Merkel Stellung zur Frage, ob Chvez mit seiner linksnationalistischen Politik dem Verhältnis zwischen der Europäischen Union (EU) und Südamerika geschadet habe: "Ein Land allein kann die Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika nicht nachhaltig beeinträchtigen. Präsident Chvez spricht nicht für Lateinamerika. Jedes Land hat seine eigene Stimme, mit der es seine eigenen Interessen verfolgt. Auch das venezolanische Volk hat mit der Ablehnung des Referendums im Januar selbst Position bezogen."

Vielleicht Aufeinandertreffen in Lima

Neben seiner Attacke kündigte Chvez in seiner Fernsehsendung "Al Presidente" an, er werde Merkel eventuell beim Gipfel in Lima (16./17. Mai) antworten. "Ich weiß jetzt noch nicht, ob ich am Gipfel teilnehme. Viele wollen, dass man den Mund hält. Aber wenn ich nach Lima fliege und ich ihr plötzlich etwas sage und sie wird böse, wird sie (Merkel) dann auch aufstehen und sagen: 'Warum hältst du nicht den Mund?'", sagte Chvez in Anspielung auf einen Zwischenfall mit dem spanischen König Juan Carlos vom November in Santiago de Chile.

Damals hatte Chvez beim iberoamerikanischen Gipfel versucht, eine Rede des spanischen Ministerpräsidenten Jos Luis Rodrguez Zapatero zu unterbrechen. Der König fuhr daraufhin den Venezolaner mit den Worten an: "Warum hältst du nicht den Mund?" Der Schlagabtausch löste damals eine wochenlange Krise zwischen Madrid und Caracas aus.

"Wir werden nicht den Mund halten, weil es hier Würde gibt. Also, (die Europäer) kommen hierher, um uns zu helfen. Wo ist denn dann der Plan, um den Armen zu helfen?", fragte Chvez in seiner TV-Sendung. "Fragt doch den Staatspräsidenten von Haiti, wie viele Versprechen Europa und die Vereinigten Staaten gemacht haben." Die Sozialprogramme der Region würden von den Regierungen von Venezuela, Kuba, Argentinien und Brasilien getragen.

Keine Reaktionen in Lateinamerika

Lateinamerikanische Regierungen wollten sich zu der Verbal-Attacke von Chvez zunächst nicht äußern. Typisch war die Reaktion im argentinischen Außenministerium, wo eine Sprecherin jeden Kommentar ablehnte: "Nein, nein, nein, auf keinen Fall."

Die Kanzlerin bestritt, dass sich die deutsche Außenpolitik in den vergangenen Jahren zu wenig um Lateinamerika gekümmert habe, obwohl die Region wirtschaftlich im Aufschwung sei. Es habe zahlreiche Kontakte etwa auch beim G8-Gipfel von Heiligendamm gegeben. Merkel: "Die Länder Lateinamerikas sind für uns wichtige politische und wirtschaftliche Partner bei der Gestaltung der globalen Ordnung." Bei dem Treffen in Lima soll nach ihren Worten die Kooperation zwischen der EU und den Ländern Süd- und Mittelamerikas sowie der Karibik bei Klimaschutz und Armutsbekämpfung vertieft werden.

Merkel sah noch keine Veranlassung, schon jetzt auf Kuba zuzugehen. "Die Europäische Union und auch die Bundesregierung beobachten die Entwicklung in Kuba mit großer Aufmerksamkeit", sagte die Kanzlerin. "Erste Anzeichen für einen Wandel müssen nun im Interesse der Menschen zu wirklichen Veränderungen führen. Dazu gehört insbesondere die Freilassung der zahlreichen nach wie vor inhaftierten Dissidenten."

Quelle: ntv.de

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