Fischkutter wird zum Politikum China droht Japan
20.09.2010, 17:17 Uhr
Stein des Anstoßes: Der Fischkutter in Begleitung japanischer Schiffe.
(Foto: REUTERS)
Ein Streit um einen Fischkutter und seinen festgenommenen Kapitän sorgt für erhebliche Spannungen zwischen Japan und China. Peking droht mit ernsthaften Konsequenzen, sollte der Kapitän nicht schnell freigelassen werden. Im Kern geht es dabei wohl um Zugriffe auf Rohstoffe sowie die Vorherrschaft in der Region.
Der Streit zwischen China und Japan über einen Seezwischenfall bei den umstrittenen Diaoyu Inseln nördlich von Taiwan verschärft sich. Die Regierung in Peking hat alle ranghohen Gesprächskontakte mit Tokio eingefroren und mit noch härteren Gegenmaßnahmen gedroht. Der von Japan verursachte Zwischenfall habe die Beziehungen "schwer beschädigt", sagte Vizeaußenminister Wang Guangya, als er Japans Botschafter in Peking einen formellen Protest übermittelte.
Zuvor hatten die japanischen Behörden die Haft für den Kapitän eines Fischerbootes verlängert, das die japanische Küstenwache am 7. September an den Inseln aufgebracht hatte. Dabei war es zu einer Kollision gekommen. China fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung des Kapitäns. Der Trawler war in der Nähe zweier von beiden Ländern beanspruchten Inseln im Ostchinesischen Meer mit zwei Schiffen der japanischen Küstenwache kollidiert. Die Japaner werfen dem Kapitän vor, die Schiffe absichtlich gerammt und sich seiner Festnahme widersetzt zu haben. Seine Besatzung wurde inzwischen freigelassen.
Chinas laute Töne
"Wenn Japan stur an seinem Kurs festhält und darauf besteht, einen Fehler nach dem anderen zu machen, wird China starke Gegenmaßnahmen ergreifen", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Ma Zhaoxu, in Peking. "Die japanische Seite muss dann alle Konsequenzen tragen." Am Wochenende war es in Peking und anderen chinesischen Städten zu kleineren anti-japanischen Protesten gekommen.
China und Japan beanspruchen die auf Japanisch Senkaku genannten Inseln gleichermaßen. In dem Territorialstreit geht es auch um die Ausbeutung von Rohstoffvorkommen und die Ausdehnung der jeweiligen Wirtschaftszonen in dem Seegebiet. Rund um die Inseln, die in Japan Senkaku und in China Diaoyu heißen, gibt es reiche Fischgründe. Zudem werden in dem Gebiet umfangreiche Öl- und Gasvorkommen vermutet.
Beziehungen auf Eis
Bei den Ermittlungen gegen den Kapitän gehe Japan streng nach Gesetz vor, zitierte die japanische Nachrichtenagentur Jiji einen Vertreter des Außenministeriums. Zugleich forderte er die chinesische Regierung auf, kühlen Kopf zu bewahren. China entsandte unterdessen Schiffe der Küstenwache zu den Inseln, um Fischer zu beschützen und "um in den betreffenden Gewässern Chinas Rechte und Interessen zu wahren", wie das Außenministerium in Peking berichtete.
Als Folge des aktuellen Disputs stellte China laufende Gespräche mit Japan über neue Flugverbindungen ein. Alle Kontakte auf Ebene der Ministerien und Provinzen wurden ausgesetzt. Auch Touristenreisen wurden eingeschränkt.
Einer Gruppe von 1000 jungen Japanern wurde ein Besuch der Weltausstellung in Schanghai verwehrt, teilte das japanische Außenministerium mit. Peking habe die Visite für derzeit nicht angemessen erklärt. Tokio kritisierte die kurzfristige Absage als "bedauerlich". Die jungen Leute waren von Chinas Regierungschef Wen Jiabao eingeladen worden.
Verwachsene Verhältnisse
Chinesische Experten warfen der neuen Regierungspartei in Japan "Unerfahrenheit" zu. Die DPJ habe "keine Strategie" für den Umgang mit China. Unabhängige Beobachter vermuten hingegen, als mittlerweile zweitgrößte Wirtschaftsnation wolle ein selbstbewusstes China testen, wie weit es mit der neuen Regierung in Tokio gehen könne. Auch war von einer Warnung an andere Nachbarn die Rede, mit denen China ähnliche Territorialstreitigkeiten hat.
Beide Länder können andererseits aber kein Interesse daran haben, den Streit bis zum offenen Bruch eskalieren zu lassen. Schließlich steht für China und Japan viel auf dem Spiel, tragen sie doch gut 17 Prozent zur Leistung der Weltwirtschaft bei. Zudem ist China seit dem vorigen Jahr Japans wichtigster Handelspartner: Das Land der aufgehenden Sonne exportierte 2009 erstmals mehr Güter ins Reich der Mitte als in die USA. Nahezu 20 Prozent der japanischen Ausfuhren gingen nach China, Tendenz steigend.
Quelle: ntv.de, dpa/rts