Reaktionen auf Scholz-Regierung China will "neues Niveau" - Moskau will weiteren Dialog
08.12.2021, 16:55 Uhr
Russlands Präsident Wladimir Putin fordert "die Aufnahme eines konstruktiven Dialogs" mit dem neuen Kanzler.
(Foto: picture alliance/dpa/POOL)
China zeigt sich zum Amtsantritt der neuen Regierung in Berlin erwartungsfroh. Man wolle die Beziehungen auf ein neues Niveau heben, hießt es aus Peking. Moskau zeigt sich reservierter und hofft, im Gespräch zu bleiben. Beide Länder dürften auch für die neue Regierung zu den größten Aufgaben zählen.
Bereits kurz nach Olaf Scholz' Vereidigung stellen Staatschefs weltweit hohe Erwartungen an ihn. So strebt die Führung in Peking mit der neuen Bundesregierung unter Scholz ein "neues Niveau" der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit an. "China ist bereit, das gegenseitige politische Vertrauen zu festigen und zu vertiefen, und den Austausch und die Zusammenarbeit mit Deutschland in verschiedenen Bereichen auszubauen", sagte Präsident Xi Jinping nach Angaben der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua. Russlands Staatschef Wladimir Putin äußerte die Hoffnung auf "konstruktive" Beziehungen zur neuen Ampel-Regierung in Berlin.
Xi sprach sich dafür aus, "die bilateralen Beziehungen auf ein neues Niveau zu heben". Er gratulierte Scholz zu seiner Wahl zum Bundeskanzler und erinnerte daran, dass beide Länder in der Vergangenheit trotz Differenzen "nach Gemeinsamkeiten gesucht" hätten.
Russlands Präsident Putin erklärte, er freue sich auf "die Aufnahme eines konstruktiven Dialogs" mit Scholz. Dies würde "zweifellos den grundlegenden Interessen von Russen und Deutschen entsprechen und zur Stärkung der Stabilität und Sicherheit auf regionaler und globaler Ebene beitragen", fügte er hinzu. Nach Angaben von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow setzt Russland darauf, "dass die deutsche Seite weiterhin den Standpunkt vertritt, dass es keine Alternative zum Dialog gibt, um selbst die schwierigsten Differenzen zu überwinden".
Doch auch Putins Gegenspieler im Ukraine-Konflikt, Präsident Wolodymyr Selenskyj, setzt Hoffnungen in Olaf Scholz als neuen deutschen Bundeskanzler. Er sei bereit, zusammen mit Scholz an "der Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine, Entwicklung der Energiepartnerschaft und unsere(r) EU-/Nato-Integration zu arbeiten", schrieb der Staatschef auf Twitter. Regierungschef Denys Schmyhal übermittelte ebenfalls per Twitter Glückwünsche.
Biden verlangt mehr Distanz zu China und Russland
Die Beziehungen zwischen Berlin und Kiew haben sich wegen der umstrittenen russischen Erdgaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee nach Deutschland verschlechtert. Die Bundesregierung hielt bislang trotz scharfer internationaler Kritik und des Drucks der USA an dem Projekt fest. Die Ukraine wird nach der für 2022 erwarteten Inbetriebnahme den Status als Haupttransitland für russisches Gas in die EU und Milliardeneinnahmen verlieren.
Scholz und seine Ministerinnen und Minister von SPD, Grünen und FDP sind nun im Amt. Zunächst war Scholz am Vormittag im Bundestag zum Nachfolger von Bundeskanzlerin Angela Merkel gewählt worden. Anschließend erhielt er von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Ernennungsurkunde.
Für die neue Ampel-Regierung zählt der Umgang mit den Großmächten China und Russland zu den größten außenpolitischen Herausforderungen. China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner. Differenzen gibt es aber regelmäßig in Demokratie- und Menschenrechtsfragen. Die Volksrepublik steht international unter anderem wegen ihres Vorgehens gegen die Uiguren in der Provinz Xinjiang massiv in der Kritik. Westliche Staaten und Menschenrechtsorganisationen werfen Peking eine massive Unterdrückung von Angehörigen der muslimischen Minderheit vor. Merkel sah sich während ihrer Amtszeit dem Vorwurf ausgesetzt, aus Rücksicht auf die Handelsbeziehungen zu China den Umgang Pekings mit Menschenrechten nicht deutlich genug kritisiert zu haben.
US-Präsident Joe Biden hatte die europäischen Partner bei einem Nato-Gipfel im Juni dazu gedrängt, China stärker ins Visier zu nehmen. Merkel mahnte damals an, im Umgang mit der Volksrepublik sei "die richtige Balance zu finden". China sei Rivale in vielen Fragen, aber gleichzeitig auch Partner. Die Beziehungen des Westens zu Russland sind seit längerem auf einem Tiefpunkt, derzeit steht vor allem der Ukraine-Konflikt im Vordergrund. Die USA und ihre europäischen Verbündeten befürchten angesichts massiver russischer Truppenbewegungen an der Grenze zur Ukraine eine militärische Eskalation.
Biden drohte Putin bei einem Videogipfel am Dienstag daher mit harten Wirtschaftssanktionen, sollte Russland die Ukraine angreifen. Rückendeckung erhielt er dabei von Deutschland und anderen europäischen Partnern. Die neue Außenministerin Annalena Baerbock hatte kürzlich einen härteren Kurs gegenüber autoritär regierten Staaten wie China und Russland angekündigt. "Für mich ist eine wertegeleitete Außenpolitik immer ein Zusammenspiel von Dialog und Härte", sagte Baerbock der "taz". Unter Anspielung auf die scheidende Regierung unter Kanzlerin Merkel fügte sie hinzu: "Beredtes Schweigen ist auf Dauer keine Form von Diplomatie, auch wenn das in den letzten Jahren von manchen so gesehen wurde."
Quelle: ntv.de, lve