Politik

Hartz denkt weiter nach Chipkarte für Arbeitslose?

Der Vorsitzende der so genannten Hartz-Kommission, Volkswagen-Manager Peter Hartz, hat weitere Vorschläge zur Reform des Arbeitsmarktes veröffentlicht. Demnach sollen Chipkarten mit persönlichen Daten der Arbeitslosen künftig die Vermittlung einer neuen Arbeit erleichtern.

"Jeder Arbeitslose soll eine Chipkarte erhalten", sagte Hartz der "Bild"-Zeitung. "Damit weiß der Vermittler beim Arbeitsamt in Sekundenschnelle, wen er vor sich hat." Auf der Karte sollen den Angaben zufolge die Qualifikationen und Beschäftigungszeiten des Arbeitssuchenden sowie seine Versicherungsansprüche gespeichert sein. Dabei sollten die Vorschriften des Datenschutzes berücksichtigt werden.

Zudem sprach sich Hartz für eine leistungsorientierte Entlohnung der in den Arbeitsämtern beschäftigten Vermittler aus. "Auch hier muss gelten: gute Leistung bringt guten Lohn", sagte er. Dafür müsse das starre Vergütungssystem des öffentlichen Dienstes abgelöst werden. Hartz schlug für die Beschäftigten in Arbeitsämtern und in den neuen Personalserviceagenturen, die Arbeitslose vorübergehend als "Zeitarbeiter" einstellen sollen, Haustarifverträge vor.

Riester für Chipkarte

Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) begrüßte den Vorstoß, eine Chipkarte einzuführen. Dies könne helfen, Zeit und Aufwand in der Arbeitsverwaltung zu Gunsten der Vermittlung einzusparen. Hartz verfolge einen realistischen Kurs, sagte Riester.

FDP-Arbeitsexperte Dirk Niebel hingegen erklärte, Chipkarten für Arbeitslose seien nur eine Verbesserung, wenn auch private Arbeitsvermittler sie lesen könnten. "Das bedeutet erhebliche datenschutzrechtliche Probleme. Im Endeffekt wäre eher mit neuen Kosten zu rechnen als mit einem Abbau von Bürokratie", sagte Niebel.

Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) kündigte im "Handelsblatt" an, im Falle eines Siegs bei der Bundestagswahl die Fortbildungsangebote für Arbeitslose zu kürzen. "Um die Arbeitslosigkeit hat sich eine Sozialindustrie etabliert, die davon lebt, dass das Problem nicht gelöst wird. Dieses Kartell muss aufgebrochen werden", sagte Merz. Angesetzt werden müsse vor allem bei Weiterbildungs- und Beschäftigungsgesellschaften von Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden.

Wirtschaftsweiser fordert mehr

Der Wirtschaftsweise Horst Siebert kritisierte ebenfalls im "Handelsblatt" die Vorschläge der Hartz-Kommission als nicht ausreichend. Die Kommission mache um das Thema Löhne einen weiten Bogen, sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Zudem plädierte er dafür, die Zahlung von Arbeitslosengeld wieder auf ein Jahr zu begrenzen.

Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, verlangte von SPD und Grünen hingegen eine "klare Distanzierung" von Teilen der Hartz-Pläne. Das Konzept sei darauf angelegt, "Druck auf die Löhne und Arbeitsbedingungen nach unten auszuüben", sagte Bsirske der "Frankfurter Rundschau". "Einer solchen Politik werden wir unseren Widerstand entgegensetzen", fügte er gegenüber dem Blatt hinzu.

SPD-Generalsekretär Franz Müntefering hatte gestern angekündigt, Teile der Hartz-Vorschläge möglicherweise noch vor der Wahl umzusetzen. Die Kommission will ihre Reformvorschläge, von denen erste Eckpunkte in den vergangenen Tagen bekannt geworden waren, am 16. August vorlegen. Hartz ist Personalchef bei dem Autohersteller Volkswagen.

Trüber Arbeitsmarkt

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland hat nach einem Bericht der Tageszeitung "Die Welt" im Juni bei 3,9 Millionen gelegen. Die Zeitung meldet in ihrer Freitagausgabe unter Berufung auf Arbeitsmarktexperten weiter, gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres sei die Arbeitslosigkeit um 210.000 gestiegen. Im Juni 2001 seien 3,69 Millionen Menschen ohne bezahlte Arbeit gewesen. Damit habe die Juni-Arbeitslosigkeit ihren höchsten Stand seit drei Jahren erreicht.

Insgesamt waren der "Welt" zufolge im Juni 45.000 Menschen weniger arbeitslos als im Mai. Für den Vormonat hatte die Bundesanstalt für Arbeit 3,946 Millionen Arbeitslose gemeldet. Für den Rückgang im Juni seien ausschließlich saisonale Grüne verantwortlich, hieß es weiter in der "Welt ". Der Frühlingsaufschwung am Arbeitsmarkt sei in diesem Jahr ausgeblieben.

Arbeitsministerium widerspricht

Das Bundessozialministerium hat den Bericht inzwischen energisch zurückgewiesen. Die Zahlen seien frei erfunden, sagte Ministeriumssprecher Klaus Vater. Die Bundesanstalt für Arbeit habe bislang weder Trends noch Zahlen für den Juni, betonte Vater. "Das ist schlicht und ergreifend eine böse Stimmungsmache in Wahlkampfzeiten."

Quelle: ntv.de

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