Politik

Nach Attacke gegen SPD "Clement ist gekauft"

Der frühere SPD-Vize und ehemalige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat indirekt vor einer Wahl der SPD in Hessen gewarnt und damit einen Eklat ausgelöst. Clement griff die Energiepolitik der SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti in einem Beitrag für die "Welt am Sonntag" scharf an. Daraufhin forderte der von ihr für den Fall eines SPD-Sieges in einer Woche nominierte Wirtschafts- und Umweltminister Hermann Scheer Clement zum Austritt aus der Partei auf.

Der frühere Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen sei inzwischen "Lobbyist für den Energiekonzern RWE", sagte Scheer. Die Kritik am hessischen SPD-Programm sei er "seinem neuen Arbeitgeber schuldig", so der Bundestagsabgeordnete weiter.

Der hessische Grünen-Chef Tarek al-Wazir schloss sich der Kritik an. Clement gehöre dem Aufsichtsrat von RWE Power an, dem Betreiber der Atomkraftwerke Biblis A und B, erklärte al-Wazir. Eine Verlängerung der Laufzeiten dieser Kraftwerke um drei Jahre würde für RWE zusätzliche Einnahmen von 3 bis 3,5 Milliarden Euro bedeuten. "Schlimm genug, wenn sich sozialdemokratische Politiker nach dem Ende ihrer Amtszeit von der Energiewirtschaft kaufen lassen. Selten hat es einer so deutlich gezeigt wie Wolfgang Clement."

Clement warnt in seinem Beitrag vor der Ankündigung Ypsilantis, in Hessen auf alternative Energien setzen und weder Atom- noch neue Kohlekraftwerke zulassen zu wollen. "Wer es wie sie will, der muss sich klar sein: Das geht nur um den Preis der industriellen Substanz Hessens." Weil Ypsilanti wohl darüber hinausdenke, gelte dies auch für ganz Deutschland. "Deshalb wäge und wähle genau, wer Verantwortung für das Land zu vergeben hat, wem er sie anvertrauen kann - und wem nicht." Clement ist 2005 aus der aktiven Politik ausgeschieden. Seitdem arbeitet er für Unternehmen, unter anderem im Aufsichtsrat der RWE-Kraftwerkstochter RWE Power AG.

"Es geht um Biblis A und B"

"Wolfgang Clement missbraucht seine frühere Rolle in der SPD, indem er diese nun als bezahlter Lobbyist in klingende Münze umsetzt", sagte Scheer. Er habe sich nach dessen Attacken mit Ypsilanti ausgetauscht. "Dass der RWE-Mann Clement sich nun in den hessischen Landtagswahlkampf unverhohlen zugunsten von Herrn Koch einmischt, fällt charakterlich nur noch auf ihn selbst zurück." Dies sei aber nicht überraschend, denn schließlich gehe es in Hessen um das von der SPD unterstützte Abschalten der RWE gehörenden Atomreaktoren Biblis A und B, während Herr Koch die Laufzeiten der Atomreaktoren verlängern wolle. "Wenn Clement noch einen Rest-Charakter hat, sollte er den von ihm schon selbst in Aussicht gestellten Parteiaustritt vollziehen."

Die richtige Alternative zu Atomenergie und Kohlekraftwerke sei der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien und dezentraler Kraft-Wärme-Kopplung auf kommunaler Ebene, sagte Scheer. Dies entspreche dem Bundesparteitagsbeschluss vom Oktober 2007 in Hamburg, der auf Antrag der hessischen SPD zustande gekommen sei. Völlig abwegig sei die Behauptung Clements, ausgerechnet der Ausbau erneuerbarer Energien vergrößere die Energie-Abhängigkeit Deutschlands. "Wenn es ihm wirklich um die niedrigen Strompreise für die Industrie ginge, dann müsste er als erstes gegen die Preistreiberei seines neuen Arbeitgebers RWE Stellung nehmen", sagte Scheer.

Quelle: ntv.de

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