Politik

"Wollen bei China bleiben" Dalai Lama in Brüssel

Der Dalai Lama hat vor dem EU-Parlament in Brüssel seinen Verzicht auf ein von China unabhängiges Tibet bekräftigt. "Wir wollen bei China bleiben, aber mit einer echten Autonomie und unter Wahrung unserer Identität", sagte er vor den EU-Abgeordneten. Wenn Vertreter Chinas behaupteten, er wolle eine Abspaltung Tibets, sei dies vollkommen falsch. "Das weiß auch jeder", fügte das geistliche Oberhaupt der Tibeter hinzu.

Die Tibeter wollten auch materielle Entwicklung, ein modernes Tibet, sagte der Dalai Lama weiter. Schon daher sei es in ihrem eigenen Interesse, bei China, diesem "großen Volk", zu bleiben. "Das sage ich auch den jungen Tibetern." Harmonie und Frieden könnten aber nur durch Vertrauen geschaffen werden, nicht durch Angst und Bedrohung mit Waffen. Er warf China fehlendes Interesse an einem Dialog über die Lage in Tibet vor. "Es ist völlig klar: Sie wollen einfach nicht mit uns reden", sagte der Dalai Lama. "Sie glauben, dass sie dieses Problem in Tibet mit Unterdrückung und Gewehren lösen können. Das ist ein Irrtum." Er räumte ein, dass es "militante junge Tibeter" gebe, die seine eigene Haltung kritisierten und eine völlige Unabhängigkeit forderten. "Aber auch sie sind dem Prinzip der Gewaltlosigkeit verpflichtet", sagte der Dalai Lama.

Der Dalai Lama sagte, er habe nach den Unruhen in Tibet vom März gehofft, dass die chinesische Führung ihr Angebot zum Dialog mit seinen persönlichen Beauftragten ernst meine. "Wir hatten gedacht, dass die chinesische Regierung versteht, wie ernst die Lage ist", sagte er. "Aber mein Glauben an die chinesische Regierung wird dünner und dünner."

Der Friedensnobelpreisträger warb zugleich um Unterstützung für sein Volk. Wer den Tibetern helfe, helfe aber auch den Chinesen. Denn China schlage eine zunehmend "totalitäre Richtung" ein, es unterdrücke Presse- und Redefreiheit. Die EU müsse im Umgang mit Peking auf dem Schutz der Menschenrechte bestehen, forderte der Dalai Lama, den die EU-Abgeordneten mit lang anhaltendem Beifall feierten. Viele der EU-Volksvertreter trugen weiße tibetische Schals - als Zeichen ihrer Solidarität mit den Tibetern.

Fasten im EU-Parlament

Auch hatten Europaabgeordnete und EU-Beamte aus Solidarität mit dem tibetischen Volk eine 24-stündige Fastenaktion begonnen. Dies gab der Vorsitzende der Tibet-Intergruppe des Europaparlaments, Thomas Mann, zum Auftakt des Dalai Lama-Besuchs bekannt. Der CDU-Politiker übergab dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter eine Liste mit den Namen von 520 Abgeordneten sowie Angestellten von Parlament und EU-Kommission, die die Aktion zumindest symbolisch unterstützen.

Der Dalai Lama kündigte an, er werde ein Treffen mit Exil-Chinesen organisieren, um den Dialog mit China fortzuführen. Zeitpunkt und Ort stünden noch nicht fest. EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering sagte, das Parlament unterstütze das Recht der Tibeter, innerhalb Chinas "ihre kulturelle und religiöse Identität leben" zu können. Die EU-Abgeordneten hätten "die dringende Erwartung", dass künftige Gespräche zwischen Tibetern und Chinesen "zu den gewünschten Ergebnissen führen".

China warnt Sarkozy

China hat den französischen Staatschef und amtierenden EU-Ratsvorsitzenden Nicolas Sarkozy erneut vor seinem für Samstag geplanten Treffen mit den Dalai Lama gewarnt. Seine Regierung lege großen Wert auf eine "strategische Partnerschaft" und den Handel mit Frankreich, sagte Außenminister Liu Jianchao in Peking. Handelsbeziehungen setzten aber "gute bilaterale Beziehungen" voraus. Er hoffe, dass Sarkozy eine "korrekte Haltung" einnehmen und die "richtige Wahl" treffen werde, sagte der Minister weiter. Er verwies auf Internet-Petitionen, die zum Boykott französischer Produkte in China aufriefen.

Sarkozy will am Samstag in Danzig am Rande eines Treffens von Friedensnobelpreisträgern mit dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter zusammenkommen. Aus Protest dagegen hatte Peking bereits einen für vergangenen Montag in Lyon geplanten EU-China-Gipfel platzen lassen. Frankreich hat noch bis Ende des Jahres den EU-Vorsitz inne.

China, das 1950 in Tibet einmarschiert war, hatte in den vergangenen Wochen auch erklärt, bei Gesprächen mit Vertretern des im indischen Exil lebenden Dalai Lama über die Lage in Tibet habe es keine Fortschritte gegeben.

Quelle: ntv.de

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