Schröders Europa-Vision Das Grundgesetz stand Pate
06.05.2001, 15:58 UhrDie SPD will als Regierungspartei den grundlegenen Umbau der Europäischen Union voranbringen. Bundeskanzler und SPD-Chef Gerhard Schröder spricht sich in einem Leitantrag für den SPD-Parteitag im Herbst für eine Reform der EU aus. Ziel ist eine Parlamentarisierung der EU nach dem Vorbild des Grundgesetzes.
Schröder fordert unter anderem die Weiterentwicklung des EU-Rates zu einer europäischen Staatenkammer ähnlich dem deutschen Bundesrat, die volle Haushaltshoheit des EU-Parlaments und den Ausbau der EU-Kommission zu eine starken europäischen Regierung. Ein solches europäisches System der Gewaltenteilung "entspreche den Grundsätzen von demokratischer Legitimität, Effizienz und Transparenz", heißt es in dem Leitantrag.
Nach dem Willen des Kanzlers geht es nicht zuletzt darum, das EU-Parlament aufzuwerten. Mit der Einführung eines Zwei-Kammern-Parlaments, der Ausweitung der Mitentscheidungen und der Hoheit über den gesamten EU-Etat - damit auch über den milliardenschweren Agrarhaushalt - würden die Kompetenzen des Parlaments bedeutend ausgeweitet.
Doch Schröder kommt mit seinen Vorschlägen nicht nur den Befürwortern starker demokratischer EU-Institutionen entgegen, sondern auch den Forderungen der Bundesländer. Schröders Europa-Vision sieht vor, dass einige Kompetenzen, "die durch die Mitgliedstaaten sachgerechter wahrgenommen werden können, auf die nationale Ebene zurückverlagert werden". Damit soll der Spielraum für eine eigenständige Regional- und Strukturpolitik der Mitgliedstaaten ausgeweitet werden.
Vorsichtige bis ablehnende Reaktionen
Die EU-Kommission reagierte bisher verhalten zu den europapolitischen Vorschlägen aus Berlin. Ein Sprecher der Kommission begrüßte die Vorstellungen zwar als wichtigen Beitrag zur europäischen Zukunftsdebatte, fügte aber an, es sein noch zu früh, um Einzelheiten zu kommentieren.
Auch ein Sprecher des britischen Premiers Tony Blair äußerte sich zurückhaltend zu Schröders Ideen. Blair begrüße den Vorschlag, betone aber dieser sei nur ein Entwurf. Die britische Opposition lehnte die Vorschläge als Versuch ab, einen europäischen Superstaat zu schaffen.
Frankreichs Außenminister ging in seiner Kritik an den deutschen Reformvorstellungen weiter. Europaminister Pierre Moscovivi sagte, die Pläne des Kanzlers seien "unausgewogen und ziemlich deutsch, das heißt sehr föderalistisch".
Quelle: ntv.de