Atomgespräche mit dem Iran vertagt Das Misstrauen ist groß
10.11.2013, 07:45 UhrEs gibt Fortschritte in den Verhandlungen um Irans Atomprogramm, doch einen Durchbruch gibt es nicht - die Gespräche werden vertagt. US-Außenminister Kerry spricht von einem "bedeutenden Fortschritt", warnt aber Teheran vor Verzögerungen.
Die Genfer Verhandlungen über das iranische Atomprogramm sind ergebnislos vertagt worden. Das teilte der französische Außenminister Laurent Fabius mit. Außenminister der sogenannten 5+1-Gruppe der UN-Vetomächte und Deutschlands sowie die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif hatten sich an den Verhandlungen beteiligt, die zeitweise erfolgversprechend waren.

Kerry sagt, man sei sich näher gekommen. Gleichzeitig warnt er Teheran vor weiteren Verzögerungen.
(Foto: dpa)
US-Außenminister John Kerry sprach nach dem Ende des Treffens von einem "bedeutenden Fortschritt". Kerry sagte, fraglos sei man einem Abkommen näher als zuvor gekommen. Die Gespräche brauchten Zeit, weil das seit langem existierende Misstrauen zwischen dem Westen und dem Iran überwunden werden müsse. Kerry warnte, das Fenster für die Diplomatie werde nicht unbegrenzt offenstehen. "Die Uhr läuft", betonte der US-Chefdiplomat. Ziel der Verhandlungen sei es weiterhin, den Iran am Bau einer Atombombe zu hindern.
Die fünf UN-Vetomächte USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich, erweitert um Deutschland, vereinbarten Stillschweigen über den genauen Inhalt der Verhandlungen. Als diese am Donnerstag begannen, bestand zum Teil erheblicher Optimismus für einen erfolgreichen Ausgang. Bei den Verhandlungen ging es um eine Lockerung der bestehenden internationalen Sanktionen gegen den Iran im Austausch gegen eine Begrenzung der Nutzung der Atomenergie durch den Iran.
Noch offene Fragen
Die nächste Gesprächsrunde wurde für den 20. November vereinbart. Zunächst soll auf der Ebene der politischen Direktoren der Außenministerien weiter verhandelt werden, dann ist ein neues Zusammentreffen auf Ministerebene geplant. "Eine Menge konkrete Fortschritte wurden erreicht", sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. "Aber einige Fragestellungen bleiben."
"Die Genfer Verhandlungen haben Fortschritte ermöglicht", sagte auch Fabius. "Aber wir haben keinen Abschluss finden können, weil es noch offene Fragen gibt." Fabius, dessen Land seit langem für seine harte Haltung im Atomkonflikt bekannt ist, hatte zuvor einen ersten Textentwurf für eine Einigung als inakzeptabel bezeichnet. Er verwies insbesondere auf ungeklärte Fragen beim Umgang mit dem im Bau befindlichen Schwerwasserreaktor in Arak und den iranischen Beständen von auf 20 Prozent angereichertem Uran. Fabius warnte zudem vor "betrügerischen Spielen" und mahnte, dass auch "die Sicherheitssorgen Israels" berücksichtigt werden müssten.
Seit Samstag waren in Genf auch der chinesische Vize-Außenminister Li Baodong und der russische Außenminister Sergej Lawrow vertreten. Vor Li und Lawrow waren bereits am Freitag US-Außenminister John Kerry und seine Kollegen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien eingetroffen.
Irans Außenminister Sarif sagte, er sei "nicht enttäuscht". Die Verhandlungsrunde in Genf sei "sehr lang" gewesen und "gut" verlaufen. "Wir arbeiten zusammen und werden hoffentlich eine Vereinbarung erzielen können, wenn wir uns wiedersehen." Bei den Verhandlungen ging es um das iranische Atomprogramm und seine mögliche militärische Nutzung. Wegen des Atomprogramms wurden gegen den Iran in mehreren Stufen UN-Sanktionen verhängt.
"So nahe dran wie seit vielen Jahren nicht mehr"
Medienberichten zufolge wäre der Iran bereit, im Gegenzug für die Lockerung der Sanktionen die Urananreicherung auf 20 Prozent zu stoppen, die bestehenden Bestände zu reduzieren und den Bau seines Schwerwasserreaktors zunächst auszusetzen. Beim vorherigen Treffen mit der 5+1-Gruppe Mitte Oktober hatte Teheran bereits grundsätzlich das Prinzip unangekündigter Kontrollen seiner Atomanlagen akzeptiert.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte, es habe in den vergangenen Jahren mehrmals Momente gegeben, "in denen alles auf der Kippe stand". In Genf seien die Verhandlungspartner aber "so nahe dran an einer vernünftigen Lösung" gewesen, "wie seit vielen Jahren nicht mehr", sagte Westerwelle der "Welt am Sonntag".
Wenige Stunden vor der Bekanntgabe des vorläufigen Scheiterns der Verhandlungen sagte der israelische Verteidigungsminister Mosche Jaalon, ein Abkommen unter den "gegenwärtigen Bedingungen" wäre ein "historischer Fehler", der es dem "kriegerischen Regime" im Iran ermögliche, "sein gefährliches Atomprogramm fortzusetzen".
Der iranische Präsident Hassan Ruhani, der seit Anfang August im Amt ist, hatte sich im Wahlkampf dafür eingesetzt, eine "konstruktive Beziehung zur Welt" einzugehen. Am Samstag sagte er, die einzige Lösung für den Streit über das Atomprogramm seines Landes liege in "Verhandlungen" mit "gegenseitigem Vertrauen".
Quelle: ntv.de, AFP/dpa