Politik

Experte zu Brechdurchfall-Welle "Das hatte ich längst erwartet"

Billig muss es sein, schmecken sollte es halbwegs. Der Rest? Egal.

Billig muss es sein, schmecken sollte es halbwegs. Der Rest? Egal.

(Foto: picture alliance / dpa)

Billig muss es sein, schmecken sollte es halbwegs. Der Rest? Egal.

Billig muss es sein, schmecken sollte es halbwegs. Der Rest? Egal.

(Foto: dpa)

Frisch geschmierte Brötchen neben Schmutzwasser: Die Hygienezustände in vielen deutschen Schulküchen sind nach Ansicht des Ernährungswissenschaftlers Volker Peinelt haarsträubend. Nach vielen Studien zum Schulessen fordert er die Professionalisierung von Großküchen und ein besseres Management der Kommunen.

Brechdurchfall bei mehr als 10.000 Kindern und Jugendlichen, vermutlich durch Essen von Großküchen. Haben Sie damit gerechnet?

Volker Peinelt lehrt Lebensmittelhygiene an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach.

Volker Peinelt lehrt Lebensmittelhygiene an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach.

(Foto: dpa)

Volker Peinelt: Das habe ich schon längst erwartet. Ich finde selten eine Schule, in der es einen vernünftigen Hygieneplan gibt. Es ist mir schleierhaft, wie die durch die öffentlichen Kontrollen kommen. Offensichtlich wird das alles als völlig unwichtig abgetan. Es liegt aber auch an den Anbietern.

Wo sehen Sie Fehler bei den Anbietern?

Wir brauchen eine Professionalisierung der Branche. Es geht nicht, dass sich da Laien und Amateure tummeln, die Essen für wenig Geld anbieten. Das müssen Profi-Firmen sein, die ihre Leute entsprechend ausbilden.

Und wie sollte es aus Ihrer Sicht besser laufen?

Es geht um die beste Art der Zubereitung. Wir nennen das Temperatur-Entkopplung. Dabei wird das Essen in regionalen Zentralküchen erst fast zu Ende gegart und dann weit runtergekühlt oder tiefgekühlt. Erst unmittelbar vor dem Verzehr wird es dann wieder erhitzt und zu Ende gegart. Dann ist es so gut wie frisch. Dafür brauchen Schulen, Kitas oder Horte nur eine Aufbereitungsküche mit einem Heißluftdämpfer. In 10 bis 15 Minuten ist das Essen fertig - und frisch. Und man schafft das für 4,50 Euro pro Portion. Das Hauptsystem in Deutschland ist aber die Warmverpflegung. Da werden Mahlzeiten vier bis sechs Stunden gewärmt, das schmeckt nicht nur schlimm. Oft wird das Essen nicht richtig bei 65 Grad heiß gehalten. Da lauert dann zusätzlich eine Bakterien-Gefahr.

Viele Eltern träumen vom frisch gekochten Essen aus der Schulküche.

Solche Frischkost wird immer wieder gefordert. Das würde aber ein massives Aus- und Weiterbildungsprogramm erfordern. Das schaffen wir nicht. Es ist auch nicht finanzierbar. Es gibt keinen Verzehrzwang an unseren Schulen. Manchmal geben sie da nur 50 Essen aus. Das würde bei Frischkost rund 10 Euro pro Portion bedeuten.

Gucken die Kommunen beim Schulessen zu sehr auf den Preis?

Ja. Ich habe gerade wieder die Ausschreibung einer Stadt gesehen. Sie gab beim Schulessen vor, zu 60 Prozent nach den Preis zu schauen und zu 40 Prozent nach der Qualität. Und mit Qualität meinten sie allein den Geschmack. Die Leute haben entweder keine Ahnung oder sind hoffnungslos überfordert. Wir verlangen nicht nur die Vollwertigkeit des Essens. Wir fordern eine Verkostung und wir wollen auch eine Akzeptanz-Befragung der Schüler und ein Beschwerdesystem. Damit meine ich keinen Zettelkasten, sondern ein Management.

Quelle: ntv.de, dpa

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