Politik

Schäuble und Schröder bekennen sich zu Familiensplitting Das muss man über die CDU-Pläne wissen

(Foto: picture alliance / dpa)

Führende Christdemokraten wollen das Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting ausbauen. Doch ihre Pläne sind angreifbar. Ein zentrales Problem lösen sie nicht.

Die CDU-Führung weiß, dass sie mit dem Thema beim Wähler ankommt. Erst vor wenigen Wochen sagte Generalsekretär Hermann Gröhe: Ein Ideenwettbewerb zum Wahlprogramm habe ergeben, dass die Familienpolitik auf großes Interesse stoße. Und jetzt steht fest, wie die Union dieses Interesse bedienen will: Bundesfamilienministerin Kristina Schröder und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble haben sich deutlich dazu bekannt, das Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting auszubauen. Was man über das Vorhaben der Christdemokraten wissen muss.

Finanzminister Schäuble und Familienministerin Schröder rechnen durch ihre Familiensplitting-Pläne mit 250 Euro mehr für die Durchschnittsfamilie.

Finanzminister Schäuble und Familienministerin Schröder rechnen durch ihre Familiensplitting-Pläne mit 250 Euro mehr für die Durchschnittsfamilie.

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Bisher setzte die CDU auf das Ehegattensplitting. Schon der frühere Kanzler Konrad Adenauer führte es ein – 1958. Anlass war, dass sich das Bundesverfassungsgericht daran störte, dass Familien steuerrechtlich nicht gleichwertig behandelt wurden. Ehepartner mit einem Topverdiener und einem Normalverdiener mussten zusammengenommen mehr Steuern zahlen als Ehepartner mit zwei Normalverdienern - bei in der Summe gleichem Einkommen. Schuld war das progressive Steuersystem, das für Besserverdienende höhere Steuersätze vorsieht. Seit 1958 wird das Einkommen der Ehepartner zusammen veranschlagt. Das heißt: Verdienen Ehemann und Ehefrau 50.000 und 30.000 Euro pro Jahr wird das Gesamteinkommen halbiert, im Beispiel also auf 40.000 Euro, und der dafür fällige Steuersatz ermittelt. Den muss die Familie nun auf ihr Gesamteinkommen zahlen.

Am Ende zahlen alle Familien bei gleichem Gesamteinkommen auch gleich viel Steuern – unabhängig von der Verteilung des Einkommens unter den Ehepartnern. Eheleute die gleich viel verdienen, profitieren entsprechend nicht vom Splitting.

Konservative Profilpflege

Die CDU sah das Instrument stets auch als Möglichkeit, die klassische Ehe zu fördern. Menschen, die ohne Trauschein in einer festen Beziehung leben, waren seit jeher außen vor. Bis vor kurzem konnten auch eingetragene Lebenspartnerschaften nicht auf Splittingvorteile hoffen. Aber nicht nur das sorgte immer wieder für Kritik.

Auch das Thema soziale Gerechtigkeit spielt beim Ehegattensplitting eine Rolle. "Die absolute Höhe des Splittingvorteils steigt mit dem Einkommen", sagt Frank Hechtner, der sich an der Freien Universität Berlin auf die Steuerkonzepte von Union und FDP spezialisiert hat. Besserverdienende Familien profitieren stärker vom Ehegattensplitting, weil sie grundsätzlich mehr Steuern zahlen, auf die der Splittingvorteil wirken kann. "Ein zweiter Kritikpunkt ist, dass Ehe meistens verbunden wird mit Kindern", so Hechtner. "Und dann stellt sich die Frage, inwieweit Kinder durch das Ehegattensplitting adäquat berücksichtigt werden." Ist die Erweiterung des Ehegattensplittings hin zum Familiensplitting die Lösung?

Ein reines Familiensplitting würde bedeuten: Alle Mitglieder einer Familie inklusive Kinder werden zusammen veranschlagt. Bei Eheleuten mit zwei Kindern wäre das Gesamteinkommen also durch vier zu teilen. Angenommen ein Paar verdient wie im vorherigen Beispiel 50.000 und 30.000 Euro hat aber zwei Kinder, die kein eigenes Einkommen haben, ergibt sich mit dem Familiensplitting ein anderer Steuersatz. Fällig wäre der Satz, der auf ein Jahreseinkommen von 20.000 Euro anfällt.

Der Begriff ist positiv besetzt

Tatsächlich sind die Pläne der CDU aber weit entfernt von dieser Idee, die milliardenschwere Steuererleichterungen für die mehr als 20 Millionen Verheiratete in Deutschland bedeuten würde. Hechtner sagt: "Mit Familiensplitting haben die Pläne der CDU herzlich wenig zu tun." Was hat die CDU vor?

Statt das Gesamteinkommen einer Familie durch die Zahl ihrer Mitglieder zu teilen, will die Union lediglich den Kinderfreibetrag auf das Niveau des Grundfreibetrags für Erwachsene heben, ergänzt um eine Anpassung des Kindergeldes. Laut Hechtner zementiert die CDU damit den Status Quo – mit verbesserten Konditionen. Und diese Idee ist noch nicht einmal neu. "Schon in der großen Koalition wurden Kinderfreibeträge und Kindergeld erhöht", sagt Hechtner. Dass die Union trotzdem vom Familiensplitting spricht, hat laut dem Professor viel mit Wahltaktik zu tun. "Ich denke, der Begriff Familiensplitting ist positiv besetzt und viele denken, dass man damit Familien besonders fördert."

Auch, wenn es sich nicht um ein echtes Familiensplitting handelt, wäre es kaum redlich, die Pläne als bloße Wahlkampfrhetorik zu bezeichnen. Das Instrument der CDU würde die von Christdemokraten propagierte klassische Familie fördern. Davon zeigt sich Hechtner überzeugt. Höhere Kinderfreibeträge und eine damit geplante Erhöhung des Kindergeldes bedeuten ein Plus in der Familienkasse. Schäuble spricht von 250 Euro pro Jahr bei einer Durchschnittsfamilie. Die Kosten für das Vorhaben sind gemessen an einem echten Familiensplitting mit 7,6 Milliarden Euro laut Hechtner zudem moderat.

Ein Problem lösen die Pläne der CDU allerdings nicht: "Auch hier wären Progressionsvorteile zu beobachten", sagt Hechtner. Das Familiensplitting der CDU würde Familien mit hohem Einkommen stärker fördern als solche mit niedrigem Einkommen – genauso wie das Ehegattensplitting. Im Wahlkampf könnte sich das als Hürde erweisen. Alle Oppositionsparteien lehnen das Familiensplitting ab, setzen gar auf die Abschaffung des Ehegattensplittings – eines ihrer Hauptargumente: die soziale Gerechtigkeit.

Quelle: ntv.de

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