Politik

Keine Zahlen zum Bundeswehr-Abzug De Maizière besucht Afghanistan

De Maizière fliegt mit einer Transall-Maschine ins Lager Maimana.

De Maizière fliegt mit einer Transall-Maschine ins Lager Maimana.

(Foto: dpa)

Alle drei Monate will der Verteidigungsminister Afghanistan besuchen. Beim jetzigen Besuch geht es für de Maizière auch darum, den geplanten Abzug der Bundeswehr vorzubereiten. Konkrete Zahlen will der Minister aber nicht nennen. Sein Ministerium weist derweil Berichte über eine weitere Schrumpfung der Truppe zurück.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière ist zu seinem dritten Truppenbesuch in Afghanistan binnen eines halben Jahres eingetroffen. Im regionalen Hauptquartier der internationalen Schutztruppe ISAF in Masar-i-Scharif informierte er sich zunächst über die Lage in Nordafghanistan, wo die Bundeswehr die Führungsrolle hat. Anschließend flog er ins südwestlich von Masar-i-Scharif gelegene Feldlager Maimana in der Provinz Faryab.

"Das Wichtigste ist natürlich, dass ich mit unseren Soldaten spreche und einen Eindruck gewinne, ", sagte de Maizière auf dem Flug nach Afghanistan. Er wolle zudem mögliche Fragen zur laufenden Neuausrichtung der Bundeswehr oder zur Ausrüstung beantworten. Mit insgesamt rund 5000 Soldaten ist Deutschland der drittgrößte Truppensteller am Hindukusch.

Ein Schwerpunkt des Besuchs sollen die Vorbereitungen auf den geplanten Abzug der internationalen Kampftruppen aus Afghanistan bis Ende 2014 sein. De Maizière wollte sich allerdings nicht festlegen, wie viele deutsche Soldaten im nächsten Jahr aus Afghanistan abgezogen werden sollen. Dazu sei es noch zu früh, sagte er im Feldlager Maimana. "Alles hängt jetzt zunächst davon ab, was die Amerikaner entscheiden." Die Abzugsentscheidung sei richtig. "Ich will jetzt keine Zahlen in die Welt setzen." Zudem würde der Minister "die Entscheidung über eine Truppenzahl für 2012 und die Mandatsverlängerung" gerne verbinden, wie er sagte.

Abzug wird von USA abhängig gemacht

Der Minister und der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes im Ehrenhain der Bundeswehr in Masar-i-Sharif.

Der Minister und der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes im Ehrenhain der Bundeswehr in Masar-i-Sharif.

(Foto: Reuters)

Bundesregierung und Bundestag wollen zum Jahreswechsel im Zuge des neuen Afghanistanmandats über den ersten Schritt des Abzugs entscheiden. Die USA haben bereits beschlossen, ihr Kontingent von derzeit rund 100.000 Soldaten bis Herbst 2010 um 33.000 zu verkleinern. Die Amerikaner haben aber nicht entschieden, wie viele Soldaten sie aus dem Zuständigkeitsbereich der Bundeswehr abziehen. Anfang Oktober wollen die Verteidigungsminister der Truppensteller das weitere Vorgehen besprechen. In der Bundeswehr wird eine schnelle Truppenreduzierung äußerst skeptisch gesehen.

De Maizière wollte bei seinem Afghanistan-Besuch auch mit den deutschen Verbündeten sprechen. Neben Deutschland und den USA sind in den Nordprovinzen Soldaten aus 16 weiteren Ländern im Einsatz. "Wir tragen Verantwortung auch für die Soldaten dieser Nationen", sagte der Minister. De Maizière will die anstehenden Entscheidungen über den schrittweisen Abzug aus Afghanistan in enger Abstimmung mit den Partnern treffen. "Wir können weder fachlich noch politisch alleine eine verantwortbare Entscheidung treffen, die die Regierungen dieser Verbündeten vor vollendete Tatsachen stellt."

Am Samstag hatte Bundesaußenminister Guido Westerwelle versichert, die Bundesregierung stehe zu dem Plan, "die Sicherheitsverantwortung bis 2014 Schritt für Schritt vollständig in afghanische Hände zu legen". Die internationale Gemeinschaft müsse aber auch nach dem Abzug der NATO-Truppen weiter an der Seite Afghanistans stehen, sagte er der "Frankfurter Rundschau".

Ministerium weist Berichte zurück

Genug Arbeit hat sich de Maizière jedenfalls mitgebracht.

Genug Arbeit hat sich de Maizière jedenfalls mitgebracht.

(Foto: dpa)

Das Verteidigungsministerium hat unterdessen einen Medienbericht über eine weitere Reduzierung der Truppenstärke auf nur noch knapp 145.000 Bundeswehr-Soldaten zurückgewiesen. Ein Sprecher verwies als Reaktion auf einen Bericht des "Spiegel" darauf, dass bislang in dieser Frage noch nicht alles entschieden worden sei. Verteidigungsminister de Maizière habe mehrfach betont, erst in der letzten Oktoberwoche die Entscheidung zur zukünftigen Truppenstärke zu verkünden.

Nach bisherigem Stand soll die Bundeswehr am Ende des Reformprozesses noch 170.000 Berufs- und Zeitsoldaten plus 5000 bis 15.000 freiwillig Wehrdienstleistende haben. Die Soll-Stärke der Bundeswehr lag vor der laufenden Reform bei 250.000 Soldaten, davon mehr als 50.000 Wehrpflichtige. Zuletzt war die Truppenstärke nach dem Aussetzen der Wehrpflicht im Sommer erstmals unter 200.000 Soldaten gesunken.

Besuche alle drei Monate geplant

De Maizière hat sich vorgenommen, die Truppen in Afghanistan alle drei Monate zu besuchen. Er wolle nicht nur über "schriftliche Vermerke" über den Einsatz unterrichtet werden, sagte er. Zum ersten Mal war der Minister Ende März nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt dort. Der zweite Besuch folgte im Juni. Bei seiner jetzigen dritten Reise wird er vom Vorsitzenden des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, begleitet. De Maizière besuchte auch den so genannten Ehrenhain für im Einsatz getötete Bundeswehrsoldaten.

Die Zahl der Sprengstoffanschläge auf die Bundeswehr in Nordafghanistan ist in diesem Jahr sprunghaft um 150 Prozent gestiegen. Angriffe anderer Art etwa mit Handfeuerwaffen oder Raketen sind dagegen um 10 bis 15 Prozent zurückgegangen, sagte der deutsche Regionalkommandeur der internationalen Schutztruppe ISAF, Markus Kneip. Insgesamt schätzte der Generalmajor die Sicherheitslage "deutlich besser" als 2010 ein. Nur drei Prozent der sicherheitsrelevanten Vorfälle in ganz Afghanistan würden sich im Zuständigkeitsgebiet der Bundeswehr ereignen. Größtes Problem der Truppen im Norden bleiben allerdings die Sprengfallen. Als Erfolg wertete der Kommandeur, dass sich die Quote der gefundenen und entschärften Sprengsätze von 40 auf 60 Prozent verbessert habe.

Allerdings sind den Taliban mehrere spektakuläre Anschläge gelungen. Ende Mai wurde mit dem deutschen Regionalkommandeur Markus Kneip erstmals ein ISAF-General bei einem Anschlag schwer verletzt. Der Polizeichef für den Norden, mehrere weitere Afghanen und zwei Bundeswehrsoldaten wurden getötet. Anfang August schossen die Taliban im Osten Afghanistans einen US-Hubschrauber ab. 30 amerikanische Spezialkräfte starben.

Am vergangenen Dienstag griffen Aufständische mitten in Kabul das Diplomatenviertel an und beschossen unter anderem die US-Botschaft und das NATO-Hauptquartier mit Granaten. Die Kämpfe dauerten mehr als 20 Stunden, 24 Menschen kamen ums Leben. Ende Juni waren bei einem spektakulären Angriff auf ein Luxushotel in Kabul neun Menschen getötet worden. Die Hauptstadt gehört zu den Gebieten, die bereits in afghanischer Sicherheitsverantwortung sind.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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