Handel Der Abschied vom Rabattgesetz
05.04.2001, 13:07 UhrPfiffige Autokäufer praktizieren es schon seit vielen Jahren: Das Feilschen um einen niedrigeren Preis beim Kauf eines Neuwagens. Die vom Gesetzgeber erlaubten drei Prozent Rabatt werden dabei sowohl vom Kunden als auch vom Händler geflissentlich ignoriert. Ebenso halten es hin und wieder beispielsweise auch Boutiquen oder Elektrogeschäfte. Kunden, die dort nach dem "Hauspreis" fragen, können bei teuren Klamotten oder Waschmaschinen durchaus einen ordentlichen Preisnachlass herausschlagen - wenn sie bar oder per Scheck bezahlen.
Eigentlich ein nicht erlaubter Handel. Denn das so genannte Rabattgesetz von 1933 erlaubt nur einen Nachlass von drei Prozent. Und die Zugabeverordnung von 1932 untersagt kostenlose Zusatzleistungen zur Hauptware. Hintergrund der Regelungen: Die Preisgestaltung für die Kunden sollte transparent gehalten werden. Außerdem wollten die Macher der Gesetze verhindern, dass Käufer, die das Handeln nicht so sehr beherrschen, gegenüber den zungenfertigen Kunden nicht benachteiligt werden. Verstöße können mit Geldbußen bis zu 10.000 Mark geahndet werden.
Ausnahmen dürfen laut Gesetz nur gemacht werden, wenn eine größere Warenmenge gekauft oder die Ware gewerblich genutzt wird. Höhere Rabatte sind auch für Firmenangehörige und deren Familien erlaubt.
Verbraucherverbänden, dem Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), dem ADAC und Großhändlern sind diese Dinosaurier der deutschen Gesetzgebung schon länger ein Dorn im Auge. Seit Jahren verlangten sie deren Abschaffung. Bislang vergeblich: Zuletzt hatte der Bundesrat 1994 gegen die Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung gestimmt. Gegen eine Aufhebung sprach und spricht sich auch der Haupverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) aus. Hier befürchtet man einen ruinösen Preisverfall, der für mittelständische und kleine Unternehmen das Aus bedeuten könnte.
Auch für den elektronischen Handel (E-Commerce) stellte das Rabattgesetz bislang eine Handelsbarriere dar. Verbotsmaßnahmen ließen in der Vergangenheit Zweifel an der E-Commerce-Euphorie der deutschen Gesetzes- hüter aufkommen. So wurde dem österreichischen Online-Buchhändler Lion verboten, verbilligte Bücher nach Deutschland zu liefern. Denn hier gilt die Buchpreisbindung. Mit dem Arzneimittelgesetz begründete man die einstweilige Verfügung gegen die Netz-Apotheke Doc Morris aus Holland, die Preisnachlässe von bis zu 40 % gewährt. Beim Verbot der Powershopping-Angebote von Letbuyit.com und Primus online griff schließlich das Rabattgesetz.
Der Weg für eine Lockerung der harten Regeln des Rabattgesetzes wurde im Juli vergangenen Jahres mit einer neuen EU- Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr geebnet - bis spätestens November 2001 mussen die Länder diese Richtlinie in nationales Recht umwandeln.
Diese Regel sieht das so genannte "Herkunftslandprinzip" vor, wonach auch im grenzüberschreitenden Handel die Gesetze des Landes gelten, in dem der Online-Anbieter seinen Sitz hat. Ein klarer Nachteil für die deutschen Firmen gegenüber der europäischen Konkurrenz. In Italien, Frankreich oder England gibt es kein Rabattgesetz. Allerdings gilt die neue EU-Richtlinie nach wie vor nicht für Bücher und Arzneimittel.
Zuständig für das Rabattgesetz ist das Bundeswirtschaftsministerium. Ressortchef Werner Müller (parteilos) sah ein, dass die neue EU-Richtlinie deutschen Anbietern schadet und ließ eine Abschaffung der Rabattregeln vorbereiten. Und schließlich gab auch Justizministerin Hertha Däubler-Gmelin (SPD) nach, in deren Verantwortungsbereich die Zugabeverordnung liegt.
Im Juni spätestens im Juli 2001 können nun die Preise purzeln - um wieviel, ist noch nicht klar. Das sei schlicht eine Frage von Angebot und Nachfrage, sagen Experten.
Quelle: ntv.de