Nach den Organspendeskandalen Deutsche spenden nicht gern
10.08.2012, 07:58 Uhr
(Foto: dpa)
Das Thema Organspende verunsichert die Deutschen. Laut einer Umfrage hegt fast die Hälfte der Bürger Bedenken gegen eine Transplantation nach ihrem Tod. Die Skandale in Göttingen und Regensburg dürften diese Vorbehalte kaum schmälern. Ärzte und Krankenkassens starten darum jetzt eine großangelegte Werbekampagne.
Die Organspende ist nach Skandalen in Göttingen und Regensburg dieser Tage in aller Munde. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zeigt nun, dass die Bereitschaft der Deutschen, ihre Leber oder Niere abzugeben, äußerst gering ist. 45 Prozent der Bundesbürger hegen danach Bedenken dagegen, sich als Organspender zur Verfügung zu stellen. 42 Prozent teilen die Vorbehalte nicht. Nur 14 Prozent haben schon einen Organspendeausweis.

Nur 14 Prozent der Bürger haben einen Organspendeausweis.
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In Göttingen und Regensburg hatten Ärzte , um ihnen schneller Spenderorgane zu verschaffen. Sie dramatisierten auf dem Papier ihren Gesundheitszustand – angeblich für ein großzügiges Honorar. Nachdem die Fälle an die Öffentlichkeit drangen, entbrannte eine Debatte über die Organvergabe insgesamt.
Damit die ohnehin geringe Spendenbereitschaft nicht weiter abbröckelt, kündigte die Prüf- und Überwachungskommission aus Vertretern von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen jüngst an, um das Organspende-System zu optimieren. Dazu gehört es, dass Ärzte bei nachgewiesenem Fehlverhalten ihre Approbation verlieren. Obendrein soll es möglich sein, das ganze Transplantationszentren ihre Arbeit einstellen müssen. Die Transparenz bei der Organspende will die Kommission durch eine umfangreiche Veröffentlichung von Prüfberichten vergrößern. Die Krankenkassen wollen zudem bald Millionen von Briefen verschicken, um für Spenden zu werben.
Bürger trauen dem System nicht
Besonders besorgniserregend an der YouGov-Studie erscheint, dass sich eine Mehrzahl der Bürger davon überzeugt zeigt, dass man mit ausreichend Geldmitteln Vorrang bei Transplantation hat. 69 Prozent der Befragten sagten, dass man in Deutschland mit viel Geld ein Spenderorgan wie Leber, Niere, Lunge oder Herz legal kaufen kann oder dies schneller bekommt.
Wie sich die Spendebereitschaft im Vergleich zu Zeiten vor den Skandalen in Göttingen und Regensburg verändert hat, zeigt die Studie nicht, da es sich um eine bisher einmalige Erhebung handelt. In Befragungen anderer Institute vor einigen Monaten hatten aber noch rund zwei Drittel der Befragten angegeben, dass sie sich prinzipiell vorstellen könnten, ein Organ zu spenden. Nur rund ein Fünftel verweigerte laut einer Forsa-Umfrage aus dem März nach dem Tod eine Organentnahme.
Von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) gab es dazu widersprüchliche Meldungen. Zunächst hieß es, die Skandale senkten die Spendebereitschaft. Die DSO berief sich dabei auf Berichte von potenziellen Spendern, die es sich nach den Vorfällen in Universitätskliniken gegen Spenden aussprachen. Nun behauptet die DSO, der Skandal wirke sich nicht negativ auf die Spendebereitschaft aus und warnt vor einer "Skandalisierung" der Vorfälle. Dahinter steckt womöglich ein Strategiewechsel und die Hoffnung, mit einer anderen Kommunikationslinie eine weiter sinkende Spendebereitschaft zu verhindern. Stiftungsvorstand Günter Kirste sagte jüngst: Die Fälle in Göttingen und Regensburg dürften nicht verallgemeinert werden. "Wir haben keinen Organspende-Skandal." Es handele sich um den Skandal eines einzelnen Menschen, der an zwei Kliniken agiert hat. "Man kann nicht den Schluss daraus ziehen, dass das ganze System faul ist."
Quelle: ntv.de, ieh/dpa/AFP