Politik

Schützte Kostunica Mladic? Deutscher leitet Mladic-Prozess

Mladic auf einem Foto von 1995.

Mladic auf einem Foto von 1995.

(Foto: AP)

Der mutmaßliche Kriegsverbrecher Mladic wird vor einem deutschen Richter stehen. Die UN berufen den Völkerstrafrechtsexperten Flügge in die Position des Vorsitzenden Richters für den Prozess. Derweil berichtet eine Zeitung, der ehemalige serbische Regierungschef Kostunica sei Mladics wichtigster Fluchthelfer gewesen.

Flügge gilt als Experte für Völkerstrafrecht.

Flügge gilt als Experte für Völkerstrafrecht.

(Foto: dpa)

Der UN-Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) hat für das Völkermord-Verfahren gegen den serbischen Ex-General Ratko Mladic einen deutschen Juristen als Vorsitzenden Richter bestimmt. Der 63-jährige frühere Berliner Justizstaatssekretär Christoph Flügge wird dabei von einem niederländischen und einem südafrikanischen Richterkollegen unterstützt. Das entschied der amtierende Präsident des ICTY, der türkische Jurist Mehmet Güney.

Flügge war 2008 von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in das Amt eines Richters beim ICTY berufen worden. Er gilt als ausgewiesener Experte des Völkerstrafrechts. Der an der Freien Universität Berlin ausgebildete Jurist leitete seit 1989 die Abteilung Strafvollzug in der Berliner Senatsverwaltung für Justiz. Flügge war in Deutschland auch als Staatsanwalt und Richter tätig.

Die beiden anderen Richter im Mladic-Verfahren sind der Niederländer Alphonse Orie und der Südafrikaner Bakone Justice Moloto. Der bereits 1995 wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen Menschlichkeit angeklagte. Mladic war am Donnerstag - fast 16 Jahre nach dem Ende des Bosnienkrieges - in Serbien verhaftet worden. Dem früheren Militärchef der bosnischen Serben wird tausendfacher Mord vorgeworfen. Er wird unter anderem für das Massaker von Srebrenica verantwortlich gemacht, bei dem etwa 8000 muslimische Männer und Jungen ermordet wurden.

In diesem Haus wurde Mladic festgenommen.

In diesem Haus wurde Mladic festgenommen.

(Foto: REUTERS)

Nach Angaben der serbischen Staatsanwaltschaft soll die Auslieferung von Mladic an das UN-Tribunal in Den Haag "spätestens in sieben Tagen" erfolgen. Alle Voraussetzungen dafür seien erfüllt, entschied ein Gericht in Belgrad. Allerdings hat der Anwalt von Mladic für den kommenden Montag Berufung gegen den Auslieferungsbeschluss angekündigt.

Zeitung beschuldigt Kostunica

Derweil berichtet die angesehene kroatische Zeitung "Jutarnji list", der frühere serbische Regierungschef Vojislav Kostunica sei der wichtigste Schutz Mladics vor einer Verhaftung gewesen. Das Blatt beruft sich auf Depeschen der US-Botschaft in Belgrad, die von der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht wurden und in denen Kostunica beschuldigt werde.

Danach habe die serbische Regierung seit 2006 genau gewusst, wo sich der 69-Jährige versteckt hielt, berichtete die Zeitung. Der Zugriff sei jedoch durch Kostunica verweigert worden. Auch der amtierenden serbische Präsident Boris Tadic habe Ende 2009 gegenüber US-Diplomaten Kostunica beschuldigt, die Verstecke von Mladic gekannt, seine Verhaftung aber nicht zugelassen zu haben.

Erst nach dem Ende der Kostunica-Regierung habe die neue Regierung unter Führung der DS-Partei von Tadic seit 2009 ernsthaft mit der Suche nach Mladic begonnen, heißt es nach Darstellung der Zeitung in den Berichten der Belgrader US-Botschaft.

Der serbische Staatsanwalt für Kriegsverbrechen, Vladimir Vukcevic, hat angekündigt, Mladics Fluchthelfer zur Verantwortung zu ziehen. "Wir werden alle verfolgen, die Mladic und anderen Flüchtigen geholfen haben, der Justiz zu entkommen", so Vukcevic. Die Unterstützer des mutmaßlichen Kriegsverbrechers bei seiner fast 16 Jahre währenden Flucht hätten Serbien "schweren Schaden" zugefügt. Vom UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien gesuchte Flüchtige zu verstecken sei ein "schwerwiegendes Verbrechen", fügte Vukcevic hinzu.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen