Guantnamo-Häftlinge Deutschland bietet Heimat
22.12.2008, 21:47 UhrDie Bundesregierung trifft erste Vorbereitungen für eine mögliche Aufnahme von unschuldig im US-Gefangenenlager Guantnamo sitzenden Häftlingen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) habe eine interne Weisung erteilt, die damit zusammenhängenden rechtlichen und politischen Fragen gründlich aufzubereiten, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Eine Entscheidung soll allerdings erst nach dem Amtsantritt des designierten US-Präsidenten Barack Obama im Januar getroffen werden.
Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg betonte, derzeit stelle sich die Frage einer Aufnahme nicht. Zuständig seien zunächst die Heimatländer der einzelnen Gefangenen sowie die USA. Eine Aufnahme von Inhaftierten, die weder in ihre Heimat zurückkehren könnten noch in den USA leben wollten, sei zudem "kein spezifisch deutsches Problem", sondern müsse auf europäischer Ebene geklärt werden.
Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz sagte, Guantnamo-Häftlinge müssten einen "Bezug" zu Deutschland haben, wenn sie von der Bundesrepublik aufgenommen werden wollten. Dies müsse jedoch nicht unbedingt die deutsche Staatsbürgerschaft sein. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach, forderte ein deutsches Mitspracherecht im Falle einer Aufnahmeregelung, um etwa Sicherheitsbedenken im Vorfeld zu klären.
Der künftige US-Präsident Barack Obama will das weltweit kritisierte Gefangenenlager für Terrorverdächtige auf Kuba schließen. Derzeit gibt es dort noch etwa 250 Häftlinge. Die Bundesregierung begrüße Obamas Vorhaben ausdrücklich, sagte Steg. Man könne die USA nur "ermuntern, Pläne zur Schließung von Guantnamo konsequent weiterzuverfolgen".
Gefangenen-Aufnahme umstritten
 
 Eine mögliche Aufnahme der Gefangenen ist in Deutschland aber umstritten. Für Berlins Innensenator Ehrhart Körting, Sprecher der SPD-Länderinnenminister, handelt es sich um "potenzielle Gefährder" - selbst wenn man ihnen strafrechtlich nichts nachweisen könne. "Es sind Sympathisanten von Al Kaida und anderen Organisationen, die menschenverachtende Ideologien pflegen", sagte Körting der "Berliner Zeitung".
Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) will Betroffene allenfalls nach einer Einzelfallprüfung aufnehmen. "Deutschland darf nicht das Land werden, in das aus aller Welt Terroristen abgeschoben werden." Er plane derzeit nicht, Häftlinge aus Guantnamo aufzunehmen. Auch der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Wolfgang Bosbach (CDU), beklagte im "Handelsblatt": "Ich verstehe nicht, dass wir uns bei dieser Frage vordrängeln."
Der SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow sagte hingegen, es sei "unsere humanitäre und menschenrechtliche Pflicht", den zu Unrecht Inhaftierten "einen Weg in die Freiheit zu eröffnen". Michael Leutert von der Linken kritisierte, die Diskussion sei viel zu spät aufgekommen. Schließlich gehe es um das Schicksal von nur wenigen Dutzend Menschen. Am Wochenende hatte sich bereits der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), dafür ausgesprochen, einige der Uiguren aufzunehmen, die in Guantnamo gefangen gehalten werden und nicht in ihre Heimat China zurückkehren können. Die muslimische Volksgruppe wird in ihrer Heimat nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen unterdrückt.
USA begrüßen deutsche Bereitschaft
Die USA haben die Bereitschaft der Bundesregierung begrüßt, eine mögliche Aufnahme von Guantnamo-Häftlingen zu prüfen. Es handele sich um "positive Schritte", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Sean McCormack, in Washington. Die US-Regierung bemühe sich bereits seit längerem darum, Aufnahmeländer für Guantnamo-Häftlinge zu finden. 
Quelle: ntv.de