Politik

Eine Schwalbe im Sommer Deutschland im Plus

Der deutsche Staatshaushalt hat im ersten Halbjahr trotz der sich abschwächenden Konjunktur mit einem überraschend hohen Überschuss abgeschlossen. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen erwirtschafteten nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes ein Plus von insgesamt 6,7 Milliarden Euro. Das entspricht 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Das Bundesfinanzministerium warnte vor einer Überbewertung des unerwartet hohen Überschusses im Staatshaushalt. "Wir raten zu einer vorsichtigen Interpretation dieser Zahlen", sagte ein Ministeriumssprecher.

Keine Spielräume

"Wir halten an unserer Einschätzung vom Finanzplanungsrat fest", sagte der Sprecher weiter. Ende Juni war im Ministerium von einer "roten Null" im Staatsetat für 2008 die Rede. Spielräume für neue Ausgabenprogramme oder zusätzliche Entlastungen gebe es nicht.

Auch der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider sieht trotz des Überschusses im Staatshaushalt im ersten Halbjahr keinen Spielraum für Steuerentlastungen. Das Plus sei ein Erfolg der Konsolidierungspolitik der letzten Jahre, "und die gilt es nicht zu gefährden", sagte er.

Keine Steuersenkungen

"Ich mahne zur Vorsicht", erklärte er und verwies darauf, dass die Entwicklung beim Bund gemessen an Ländern und Kommunen immer noch relativ ungünstig aussehe. Strukturelle neue Ausgaben, etwa "Strohfeuer"-Programme zur Stabilisierung der schwächelnden Konjunktur, lehne er ab. Schneider ergänzte mit Blick auf Forderungen nach kurzfristigen Steuerentlastungen: "Im steuerlichen Bereich sehe ich da keine Möglichkeit."

"Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer"

Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion Steffen Kampeter erwartet angesichts der günstigen Zahlen offenbar ein Aufflammen der Forderungen nach neuen Steuerentlastungen und zusätzlichen Ausgabenprogrammen. "Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer", warnte er. Er rechne nicht damit, dass der Staatshaushalt auch im Gesamtjahr im Plus liege.

Dagegen erhöht die über Erwarten günstige Entwicklung des Staatshaushalts nach Einschätzung von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) die Chancen für Steuer- und Abgabenentlastungen. "Die rascher als erwartet vorankommende Gesundung der öffentlichen Finanzen eröffnet dafür Spielräume", sagte Glos. Es gehe um eine wirtschaftspolitische Strategie, die glaubwürdig auf mehr Beschäftigung, auf Preisstabilität und auf eine nachhaltige Steuer- und Abgabenentlastung der Bürger setze.

Das Plus kam zustande, da die Einnahmen des Staates von Januar bis Juni stärker wuchsen als seine Ausgaben. Gleichzeitig sei der Zuwachs bei den Einnahmen mit drei Prozent nur noch halb so hoch ausgefallen wie im Vorjahr, erklärten die Wiesbadener Statistiker. Die Ausgaben stiegen deutlicher als zuletzt: Der Staat gab in den ersten sechs Monaten des Jahres 2,5 Prozent mehr aus als im Vorjahreszeitraum.

Ausgaben steigen stark an

Bei den Einnahmen verzeichneten die Steuern, die rund die Hälfte der gesamten Einnahmen des Staates ausmachen, nach Angaben der Statistikbehörde einen Zuwachs von 3,7 Prozent. Nach dem starken Anstieg im Jahr 2007 hat sich hier demnach die Entwicklung deutlich verlangsamt. Auf der Ausgabenseite verzeichneten, mit Ausnahme der Subventionen, der Statistik zufolge alle Ausgabenpositionen teilweise deutliche Zuwächse.

Jedoch ist die Etatentwicklung noch deutlich besser, als die Bundesregierung es für das Gesamtjahr 2008 erwartet. In dem rechnet sie vor allem wegen der Einflüsse der Unternehmenssteuerreform wieder mit einem Rückfall in die Defizitzone nach einem Mini-Überschuss im Vorjahr.

Jahresdefizit von 0,5 gemeldet

Die Bundesregierung hatte vor wenigen Monaten der EU-Kommission eine voraussichtliche Defizitquote von 0,5 Prozent für das laufende Jahr gemeldet. Nachhaltig im Plus sein dürfte der Etat von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen nach ihren Erwartungen erst nach 2009.

Im Jahr 2007 war, abgesehen von dem durch Sondereinflüsse geprägten positiven Ergebnis im Jahr 2000, erstmals seit langem wieder im Staatshaushalt ein kleiner Überschuss verbucht worden. Zuvor war Deutschland wiederholt an der europäischen Defizit-Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gescheitert und sah sich daher mit einem formellen Verfahren der EU konfrontiert.

Wirtschaftswachstum verlangsamt

Der Überschuss im ersten Halbjahr 2008 fiel um 4,2 Milliarden Euro höher aus als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Er spiegelt insbesondere das starke Wachstum in Deutschland zu Beginn des Jahres wieder. Inzwischen allerdings hat sich das deutlich verlangsamt. Im zweiten Quartal fiel die deutsche Wirtschaftsleitung gemessen am Vorquartal um 0,5 Prozent zurück.

Auch der Bundeshaushalt liegt inzwischen für die ersten sieben Monate 2008 bei Ausgaben und Einnahmen etwas ungünstiger als in den Sollwerten für das Gesamtjahr avisiert. Allerdings übersteigen die Steuereinnahmen von Bund und Ländern immer noch deutlich die von den amtlichen Steuerschätzern im Mai für 2008 errechneten Werte.

Quelle: ntv.de

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