Oppositionsführer im Iran verschleppt Deutschland reagiert besorgt
28.02.2011, 20:16 Uhr
Mussawi (l) und Karubi 2009 in Teheran.
(Foto: AP)
Die beiden iranischen Oppositionsführer Mussawi und Karubi und ihre Ehefrauen werden von der Polizei offenbar in einem Gefängnis in Teheran festgehalten. Irans Generalstaatsanwalt erklärt, ihnen seien alle Kontakte zur Außenwelt untersagt. Falls nötig, würden "weitere Maßnahmen" ergriffen. Das Auswärtige Amt bestellt den iranischen Geschäftsträger ein.
Die Bundesregierung hat bestürzt auf Berichte über die Verschleppung zweier führender Oppositionspolitiker im Iran reagiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte, solche Einschüchterungsmaßnahmen verletzten fundamentale Menschen- und Bürgerrechte. Das Auswärtige Amt bestellte den Geschäftsträger der iranischen Botschaft in Berlin ein.
Die beiden Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi und Mehdi Karubi waren nach Angaben der iranischen Opposition am Wochenende verschleppt worden.

Während im Iran die Opposition Repressalien ausgesetzt ist, hält Außenminister Ali Akbar Salehi vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf eine Rede.
(Foto: dpa)
"Wir haben mit einem Nachbarn gesprochen, der gesehen hat, wie unser Vater und unsere Mutter aus dem Haus geholt wurden", zitierte die oppositionelle Website Sahamnews.org eines der Kinder Karubis, das namentlich aber nicht genannt wurde. Demnach hielten acht Fahrzeuge vor dem Haus der Karubis in Teheran und fuhren wenige Minuten später mit ihnen und einem weiteren Wagen an einen unbekannten Ort. Seitdem sei das Haus leer, es brenne nirgendwo Licht, berichtete Sahamnews. Bereits in der vergangenen Woche gingen die iranischen Sicherheitskräfte massiv gegen Karubi und seine Familie vor und durchsuchten und verwüsteten deren Häuser.
Am Montag hieß es auf Webseiten von Regimegegnern, die beiden Männer und ihre Frauen seien in ein Gefängnis in Teheran gebracht worden. Anhänger des islamischen Regimes verlangten ihre Hinrichtung. Von diesen Forderungen hat sich die iranische Regierung aber distanziert.
Mussawi und Karubi, die bei den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im Juni 2009 gegen Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad angetreten waren, waren bereits vor den Protesten am 14. Februar unter Hausarrest gestellt worden. Die beiden Reformpolitiker hatten als Ministerpräsident und Parlamentspräsident jahrelang die Politik der Islamischen Republik mitgeprägt.
Alle Kontakte zur Außenwelt untersagt
Offizielle Angaben zum Aufenthaltsort der beiden Oppositionsführer gab es nicht. Irans Generalstaatsanwalt Gholam-Hussein Mohseni-Edschehei erklärte lediglich, alle Kontakte der Betreffenden zur Außenwelt seien untersagt worden. Falls nötig, würden "weitere Maßnahmen" ergriffen.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) äußerte sich "sehr beunruhigt" über die Berichte. "Zu Menschenrechten gehört auch, dass die Opposition geschützt wird und nicht eingeschüchtert", sagte er am Rande einer Sitzung des UN-Menschenrechtsrates in Genf. Westerwelle brachte das Thema auch bei einem Treffen mit dem iranischen Außenminister Ali-Akbar Salehi zur Sprache. Dabei verlangte er nach Angaben aus Regierungskreisen auch Schutz für die Oppositionellen.
Regierungssprecher Steffen Seibert forderte die iranische Regierung auf, sie müsse den Familien unverzüglich den Aufenthaltsort der Männer nennen und den Politikern die Möglichkeit geben, sich durch Anwälte vertreten zu lassen. "Solche Einschüchterungsmaßnahmen verletzen nach unserer festen Überzeugung - nach Überzeugung der internationalen Staatengemeinschaft - die fundamentalen Menschen- und Bürgerrechte", sagte er in Berlin.
Proteste am Dienstag

Ein regimetreuer Student protestiert in Teheran gegen Gaddafi. Der Iran interpretiert die Aufstände in den arabischen Ländern als "islamisches Erwachen".
(Foto: REUTERS)
Die iranische Protestbewegung kündigte für Dienstag neue Demonstrationen an. Der "Koordinierungsrat des grünen Weges der Hoffnung" appellierte am Samstag auf den Mussawi und Karubi nahestehenden Internetseiten Kaleme und Sahamnews, am 1. März auf die Straße zu gehen.
Der Koordinierungsrat, dessen genaue Zusammensetzung nicht bekannt ist, war erstmals Anfang Februar mit dem Protestaufruf für den 14. Februar an die Öffentlichkeit getreten. An diesem Tag waren in Teheran und mehreren anderen Städten tausende Oppositionsanhänger auf die Straße gegangen. Bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften wurden zwei Menschen getötet.
Die USA hatten dem Iran bereits am Sonntag in scharfer Form die "unverhohlene" Verletzung universeller Rechte seiner Bürger vorgeworfen. Teheran betreibe eine organisierte Kampagne, bei der Menschenrechtler, Aktivisten, Studentenführer, Journalisten und Blogger eingeschüchtert und inhaftiert würden, erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Tommy Vietor, in Washington.
Quelle: ntv.de, hdr/hvo/dpa/AFP