Illegaler Fleischimport gefährlich Deutschland verschärft Kontrolle
12.10.2005, 07:50 UhrIm Kampf gegen die Vogelgrippe will Deutschland die Kontrollen an Flughäfen, auf Autobahnen und an den Grenzen verschärfen. "Die größte Sorge bereitet uns der illegale Transport von Lebensmitteln und Geflügel", sagte der Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium, Alexander Müller, am Mittwoch in Bonn. Dort hatte der nationale Krisenstab von Bund und Ländern einen Maßnahmenkatalog erstellt. Bis zur endgültigen Klärung geht der Krisenstab laut Müller im Fall der Türkei vom schlimmsten Fall aus. Beim Vogelgrippe-Alarm in Rumänien gab es eine erste Entwarnung.
Kontrollen an deutschen Flughäfen hätten ergeben, dass kiloweise Fleisch und lebende Tiere auch aus Asien illegal eingeführt würden, sagte Müller weiter. Die Stichproben sollen erhöht werden. Es sei geplant, Flugblätter mit Informationen in mehreren Sprachen auszulegen, um Reisende über die Gefahr aufzuklären. Bisher ist das hochgefährliche Virus H5N1 nach Angaben Müllers in Deutschland noch nicht entdeckt worden.
Zoll und Polizei sollen verstärkt auf den Autobahnen und an den Grenzübergängen kontrollieren. Generell sollen vor allem Einfuhren aus Asien und der Türkei geprüft werden. Bis zur endgültigen Klärung der türkischen Proben, müsse man davon ausgehen, dass aus der Türkei Gefahr drohe.
Ein Wildvogel-Monitoring, bei dem Zugvögel auf Vogelgrippe untersucht wurden, habe bisher keinen Fall von hochgefährlichen Viren in Deutschland ergeben, sagte Müller. Diese Untersuchungen würden weitergeführt. Eine mögliche Gefahr durch Vogelzug aus der Türkei sieht er derzeit nicht: "Es ist nicht zu erwarten, dass Zugvögel aus der Türkei kommen", sagte Müller.
Die EU hatte ein umfassendes Importverbot für Geflügel und Geflügelprodukte aus der Türkei verhängt. Die EU-Kommission erwartet Testergebnisse der Proben aus dem Land für Freitag. Zunächst waren sie für Mittwoch angekündigt worden. Die türkischen Behörden hätten am Zoll Probleme gehabt, die Proben getöteter Tiere zum EU-Referenzlabor im britischen Weybridge zu schicken, sagte ein Sprecher der EU-Kommission.
Dagegen existiert kein Importverbot für Lebensmittel und Fleisch aus Rumänien. Dort gab es nach dem Vogelgrippe-Alarm eine erste Entwarnung. "Alle Tests, die in Rumänien gemacht wurden, waren negativ", sagte der Kommissions-Sprecher. "Wir sind deshalb zuversichtlich, dass es sich dort um keinen Ausbruch der Vogelgrippe handelt."
In dem rumänischen Dorf Ceamurlia de Jos, das unter Quarantäne steht, seien am Mittwoch erneut mehrere Hausvögel verendet, berichtete der Fernsehsender "Realitatea TV". Die Notschlachtungen gingen weiter. Bei drei verendeten Hausenten waren am vergangenen Freitag Antikörper gegen die Vogelgrippe festgestellt worden. Die EU hatte Experten nach Rumänien geschickt.
Im Quarantäne-Gebiet um das nordwesttürkische Dorf Kiziksa war am Mittwoch ein Ende der Vernichtung der Geflügelbestände absehbar. Nicht wenige Dorfbewohner hatten sich bis zuletzt geweigert, Hühner und Enten herauszugeben. Einige hätten es vorgezogen, sie zu schlachten und zu verspeisen, berichteten türkische Medien. Nach Angaben der Provinzverwaltung wurden rund 6.000 Tiere beseitigt.
Robert-Koch-Institut warnt vor Panik
Das Robert-Koch-Institut in Berlin hat wegen der Vogelgrippe vor Panik in Deutschland gewarnt. Das Virus übertrage sich bisher nur durch einen engen Kontakt mit Geflügel auf den Menschen, sagte Institutssprecherin Susanne Glasmacher am Mittwoch. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch sei dagegen nicht so einfach möglich. In Asien gebe es bisher nur einen Fall, in dem eine Übertragung zwischen Personen nicht ganz auszuschließen sei.
"Gefährdet sind bisher nur Leute, die einen engen Kontakt zu Geflügel haben", betonte Glasmacher. Daher gehe es auch nicht darum, Medikamente gegen die Vogelgrippe anzuschaffen, sondern gegen eine mögliche Grippe-Pandemie, also eine weltweite Ausbreitung, überhaupt. Ursache für einen solchen gefährlichen Grippeausbruch könnten verschiedene Viren sein, wobei das auch für den Menschen gefährliche Vogelgrippe-Virus H5N1 im Moment "der heißeste Kandidat" sei.
Experte fordert mehr Grippemittel
Der Chefarzt des Leipziger Klinikums St. Georg, Bernhard Ruf, forderte dagegen, die Bundesrepublik müsse ihren Bestand an Grippemedikamenten dringend aufstocken. Ruf kritisierte im Deutschlandfunk, derzeit halte der Bund Medikamente für etwa acht bis zehn Prozent der Bevölkerung vor. Die Weltgesundheitsorganisation empfehle aber einen Vorrat für 20 bis 25 Prozent der Bürger. Die Bundesregierung müsse die derzeitige Vorphase einer Pandemie nutzen, um sich rechtzeitig auf Schutzmaßnahmen - wie etwa die Massenproduktion von Impfstoffen - vorzubereiten.
Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums verwies darauf, dass es derzeit kein Mittel speziell gegen die Vogelgrippe gebe, sondern nur Medikamente zur Stärkung der Widerstandskraft. Die Bevorratung müssten die Länder organisieren. An der seit 2003 grassierenden Vogelgrippe sind in Asien bislang mehr als 60 Menschen gestorben.
Quelle: ntv.de