Politik

"An Tagen wie diesen" Die CDU kann es kaum fassen

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Die CDU-Anhänger sind aus dem Häuschen.

(Foto: REUTERS)

Im Konrad-Adenauer-Haus wechselt sich überschäumende Freude über das sensationelle Wahlergebnis mit einer leisen Ungewissheit ab. Wohin geht die Reise? Zwischen Bockwurst und Bier diskutiert man – und lässt dann Prozente Prozente sein, um endlich mal wieder richtig die Sau rauszulassen.

Bier und Wein fließen schon in Strömen, nur an den Sektstand trauen sich die Anhänger der CDU noch nicht so recht ran. Zur besten Sendezeit ist am Wahlsonntag lange nicht entschieden, was die nächsten vier Jahre bringen werden. Nur eines steht bereits fest: Die Union hat ein sensationelles Ergebnis eingefahren.

In dem riesigen Wintergarten, der die komplette CDU-Parteizentrale im ersten Stock umfasst, geht es dann auch zu wie in einem Hornissennest. Dass die Partei – und allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel – stolz sein kann auf ihren Sieg, steht für alle unverrückbar fest. Auf mehr können sich die geladenen Gäste allerdings nicht einigen.

"Dann gibt es eben Neuwahlen"

"Wir sollten uns die Sozialdemokraten als Juniorpartner ins Boot holen, wäre auch nicht viel schlimmer als das, was wir mit den Liberalen durchgemacht haben. Die SPD ist immerhin in der Außenpolitik vernünftiger als Westerwelle", sagt ein distinguierter Herr im feinen Zwirn und bohrt seine Holzgabel in die Bockwurst vom Buffet. Sein Gesprächspartner, ein gegelter Mittzwanziger im knallorangenen "teAM Deutschland"-Shirt will so viel Zweckoptimismus nicht gelten lassen: "Das ist doch Quatsch, wir holen die absolute Mehrheit. Und wenn nicht, dann gibt es eben Neuwahlen." Vergeblich sucht man nach einem Anflug von Ironie in der Mimik des jungen Mannes. Er meint das bitterernst und erntet beifälliges Nicken von den Umstehenden.

Noch wenige Stunden vorher wäre so eine Diskussion undenkbar gewesen. Klar, irgendwie wusste jeder bereits, dass Angela Merkel so oder so noch einmal vier Jahre regieren würde. Aber eine Steigerung um neun Prozent? Das hatte nicht einmal der hochmotivierte Nachwuchs von der Jungen Union erwartet, der des hübscheren Bildes wegen den Platz vor der kleinen Bühne einnehmen durfte. Kurz vor der ersten Prognose um 18 Uhr herrscht gespannte Stimmung unter den jungen Anhängern, die größtenteils in blauen Shirts mit aufgedruckter Merkel-Raute und der Aufschrift "Cool bleiben und Kanzlerin wählen" - in Anlehnung an das berühmte britische "Keep calm and carry on"-Zitat aus Kriegszeiten - erschienen sind.

Als dann der Moment der Wahrheit gekommen ist und der schwarze Balken immer höher rutscht, um schließlich bei 42 Prozent zu stoppen, ist der Jubel riesig. Dass für die FDP der Einzug in den Bundestag auf dem Spiel steht, geht dagegen in der allgemeinen Hochstimmung vorerst unter. Nur die miserablen Ergebnisse von Linken und Grünen befeuern die Euphorie, jetzt ist Zeit für Stadionatmosphäre : "Oh, wie ist das schön", singen die jungen Anhänger in bester Südkurvenmanier und fallen sich gegenseitig in die Arme.

"An Tagen wie diesen"

Keine Stunde später, Gäste und Anhänger haben sich bereits intensiv zugeprostet, betritt die alte und mit großer Sicherheit auch neue Bundeskanzlerin die Bühne. Merkel wird so frenetisch gefeiert, dass sie sich eine gute Minute aufs Lächeln beschränken muss. Anders als ihre Fans bleibt die 59-Jährige in ihrer Ansprache aber noch vorsichtig: "Wir warten jetzt erst einmal das Wahlergebnis ab", sagt sie. Es sei noch zu früh, um genau zu sagen, wie die Union vorgehen werde. Darüber werde am Montag gesprochen. "Aber feiern dürfen wir heute schon, denn wir haben's toll gemacht. Das ist ein super Ergebnis." Und eine super Ansprache, die Menge skandiert noch "Angie, Angie, Angie", als die CDU-Vorsitzende schon lange wieder in Richtung Pressezentrum verschwunden ist - nicht ohne zu versprechen, noch einmal wieder zu kommen: "Ich bin nur mal kurz beim Fernsehen."

Erst jetzt finden die Anwesenden Zeit, die Zahlen zu reflektieren und sich Gedanken über die möglichen Konsequenzen zu machen. Es ist ein merkwürdiger Schwebezustand zwischen überschäumender Freude und der Ungewissheit, wer mit wem und wie. Erst als sich abzeichnet, dass das Bangen noch bis spät in die Nacht dauern könnte, schalten die Organisatoren um kurz nach neun die Fernseher stumm. Eine Band bringt die Menge zum Tanzen, schließlich wird eine haushohe Deutschland-Flagge unter großem Jubel und dem Song "An Tagen wie diesen" von der Decke gelassen, alle singen mit. Es ist eben, wie Angela Merkel prophezeit hat: Über das Ergebnis kann man auch noch morgen sprechen, jetzt wird erstmal gefeiert.

Quelle: ntv.de

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