Politik

Wählerpotenzial bei 24 Prozent Die Linke öffnet die Arme

In Deutschland gibt es eine neue linke Partei: Die ostdeutsche Linkspartei und die westdeutsche Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) haben in Berlin einmütig ihre historische Fusion vollzogen. Nach zweijährigen Vorbereitungen stimmten die rund 800 Delegierten des Gründungsparteitags bei lediglich zwei Enthaltungen für die Verschmelzung. Sie sei die erste echte deutsch-deutsche Vereinigung nach dem Zusammenbruch der DDR, sagte Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi. Bisher habe es nur Beitritte des Ostens zum Westen gegeben.

Große Zustimmung

Im Anschluss an die Fusion wurde mit Oskar Lafontaine und Lothar Bisky die Doppelspitze der neuen Partei gewählt die nun mit rund 72.000 Mitgliedern nach Union und SPD drittstärkste Kraft im Land ist. Lafontaine, Fraktionschef der Linken im Bundestag, erhielt 87,9 Prozent. Bisky, der bisher Vorsitzender der Linkspartei war, erreichte 83,6 Prozent der Stimmen. Insgesamt soll der Vorstand 44 Mitglieder haben.

Die Führungsspitze will mit der neuen Linken Deutschland zu einem Staat des demokratischen Sozialismus machen. Dies widerspreche dem Grundgesetz keineswegs, erklärte Gysi. Bisky sagte, die vereinte Partei werde eine Herausforderung für die Gesellschaft sein. Die Geschichte linken Denkens und Handelns werde weitergeschrieben. "Wir haben uns viel vorgenommen."

Links und grün

Lafontaine sagte: "Die Demokratie ist in der Krise". Er forderte die Möglichkeit des politischen Streiks, des Generalstreiks. Es sei perfide, wenn die SPD für sich eine Politik des vorsorgenden Sozialstaats in Anspruch nehme. Kürzungen bei der Rente und der Krankenversorgung sowie die Hartz-IV-Reform kündeten vom Gegenteil. Die neue Partei stehe auch in der Tradition der Arbeiterbewegung. Die Umweltpolitik der Grünen sei in weiten Teilen ein "Placebo" – also ohne Wirkung. Die Linke werde mit aller Kraft das System bekämpfen, das immer auf mehr Verbrauch und Profitsteigerung aus sei.

Wählerpotenzial von 24 Prozent

Die Linke hat nach einer Forsa-Umfrage auf Bundesebene ein Wählerpotenzial von 24 Prozent. In Ostdeutschland könnten sich sogar 44 Prozent der Bürger vorstellen, bei einer Bundestagswahl für die neue Partei zu stimmen, berichtete die "Bild am Sonntag" als Auftraggeberin der Studie. In Westdeutschland beträgt die grundsätzliche Zustimmung 19 Prozent.

"Partei der Kümmerer"

Bisky sagte, die neue Linke sei eine "Partei der Kümmerer" für alle Generationen und stehe für eine gerechtere Gesellschaft. Der Bundesinnenminister schränke die Demonstrationsfreiheit ein, lasse Telefongespräche belauschen, Geruchsproben sammeln und in "Computer kriechen". Bisky wandte sich erneut gegen jede Form der Gewalt. Die neue Linke stehe für friedliche Proteste und die demokratische Durchsetzung ihrer Ziele. Die Linke werde eine Herausforderung für die Gesellschaft sein. "Wir haben uns viel vorgenommen."

Sicherer Weg in die Armut

Der designierte SPD-Vize und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte der "Bild am Sonntag", das Programm der Linken sei der "sichere Weg in die Armut, besonders auch für die sozial Schwachen". Die "Heilsversprechen" von Lafontaine könnten nur funktionieren, wenn man um ganz Deutschland eine Mauer baue und sich vom Rest der Welt abschotte. Eine Koalition zwischen der SPD und der Linken sei daher auf Bundesebene ausgeschlossen.

Weitere Platzierungen

Dietmar Bartsch ist zum Bundesgeschäftsführer der neuen Partei gewählt worden. Er erhielt 63,4 Prozent der Stimmen. Bartsch war bisher schon Bundesgeschäftsführer der Linkspartei.PDS. Auch Linkspartei.PDS-Schatzmeister Karl Holluba führt das Amt in der neuen Partei weiter. Er erhielt 88,1 Prozent der Stimmen.
Nach der Wahl von Bisky und Lafontaine zu Vorsitzenden bestimmten die Delegierten auch die vier Stellvertreter: Katja Kipping (84,7 Prozent), Katina Schubert (63 Prozent), Ulrike Zerhau (79,3 Prozent) und Klaus Ernst (79,8 Prozent). Vier weitere Mitglieder des geschäftsführenden Parteivorstands kommen aus den Reihen des erweiterten Vorstands hinzu, dessen 44 Plätze paritätisch besetzt werden.

Quelle: ntv.de

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