Neues Leitbild Die SPD entdeckt den Fortschritt
10.01.2011, 16:50 Uhr
(Foto: REUTERS)
Viele Menschen seien vom Fortschritt abgekoppelt, betont SPD-Chef Gabriel auf der traditionellen Jahresauftaktklausur und fordert die Politik auf, diesen Zustand zu ändern. In ihrem "Fortschrittsprogramm" verankert die SPD eine höhere Spitzensteuer und den Wegfall des Ehegattensplittings. Das sei eine "SPD-Giftliste für die deutschen Steuerzahler", kritisiert die CSU. Die Liberalen bezeichnen es als "unehrliches Spiel" mit den Bürgern.
Die SPD will sich im Wahljahr 2011 als Partei des Fortschritts profilieren und "Gerechtigkeitslücken" in Deutschland schließen. Parteichef Sigmar Gabriel zeigte sich in Potsdam zuversichtlich, dass seine Partei erfolgreich aus den sieben Landtagswahlen hervorgehen werde.
Gabriel sagte zu Beginn der traditionellen Jahresauftaktklausur seiner Partei in Potsdam, in Deutschland sei es trotz des wirtschaftlichen, technologischen und wissenschaftlichen Fortschritts "ungerechter geworden". Viele Menschen seien vom Fortschritt abgekoppelt, diesen Zustand müsse die Politik ändern. "Wir Sozialdemokraten wollen dem Fortschritt wieder eine neue Richtung geben", sagte Gabriel. Kernpunkt der zweitägigen Klausurtagung ist die Debatte über ein Programm mit dem Titel "Neuer Fortschritt und mehr Demokratie", das auf einem Parteitag im Dezember endgültig beschlossen werden soll.
Einkommensentlastung und Ehegattensplitting
Gabriel verteidigte die in dem 43-seitigen Papier vorgesehene Entlastung geringer und mittlerer Einkommen. Während Gutverdiener von maßvollen Steuersätzen profitierten, würden Geringverdiener mit hohen Sozialabgaben belastet, sagte er. Die SPD will Einkommen zwischen 800 und etwa 3000 Euro spürbar entlasten, finanziert werden soll dies unter anderem aus einer Anhebung der Spitzensteuer auf bis zu 49 Prozent. Dagegen war Widerspruch von Seiten der Parteilinken laut geworden. In einem Papier des linken Parteiflügels, das ebenfalls in Potsdam diskutiert werden soll, heißt es dazu: "Die Einnahmen wollen wir primär dazu verwenden, die Ausgaben für Bildung und Wissenschaft in Deutschland deutlich zu steigern."
Gabriel sagte dazu, es gehe nicht darum, die Entlastung von Geringverdienern gegen Bildungsinvestitionen auszuspielen. Den SPD-Plänen zufolge sollen die Einnahmen aus einer höheren Spitzensteuer auch in die Bildung sowie in die bessere Ausstattung der Kommunen fließen. Zum Ehegattensplitting heißt es in dem Papier, das Splitting sei nicht mehr zeitgemäß, da es fernab der klassischen Ein-Personen-Versorger-Ehe eine Vielfalt von Formen des Zusammenlebens gebe.
CSU-Kritik für "SPD-Giftliste"
Die CSU kritisierte das Programm als "SPD-Giftliste für die deutschen Steuerzahler". "Mit uns wird es ein Schleifen des Ehegattensplittings nicht geben", erklärte Generalsekretär Alexander Dobrindt. Die Abschaffungspläne der SPD bedeuteten Steuererhöhungen für Ehen und Familien von 20 Milliarden Euro jährlich. Dobrindt nannte die SPD eine "Partei der Familienfeindlichkeit". Auch der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) erklärte: "Für uns steht das Ehegattensplitting nicht zur Disposition."
Der FDP-Finanzpolitiker Volker Wissing warf der SPD ein "unehrliches Spiel" mit den Bürgern vor. Die in dem Papier geplanten Steuererhöhungen reichten bei weitem nicht aus, um die vorgesehenen Mehrausgaben zu finanzieren, erklärte er in Berlin.
Am zweiten Tag ihrer Klausur will die SPD-Spitze neben den Beratungen über das Fortschrittspapier auch Beschlüsse zu den Themen Afghanistan und Pflege fassen. Auch der Umgang mit der Linkspartei nach den umstrittenen Kommunismus-Thesen von Parteichefin Gesine Lötzsch dürfte eine Rolle spielen. Gabriel bekräftigte dazu am Rande der Klausur, dass die Linke für die SPD auf Bundesebene nicht regierungsfähig sei.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa