US-Gesundheitsreform Die Uhr tickt gegen Obama
16.03.2010, 13:22 UhrDie erste Hürde auf dem Weg zur Kampfabstimmung über seine Gesundheitsreform hat US-Präsident Barack Obama genommen. Trotzdem muss er in dieser Woche der Wahrheit weiter um sein wichtigstes innenpolitisches Vorhaben bangen.
Im Ringen um eine Gesundheitsreform hat das US-Repräsentantenhaus zwar eine abschließende Abstimmung in die Wege geleitet. Der Haushaltsausschuss der Kongresskammer nahm mit 21 zu 16 Stimmen eine Resolution zur Einleitung einer Schlichtungsprozedur namens "Reconciliation" ("Ausgleich") im Senat an. Dadurch soll verhindert werden, dass die Gesundheitsreform im Senat durch endlose Debatten, den sogenannten Filibuster, blockiert wird.
Doch ob bis zu dem für Freitag oder Samstag erwarteten entscheidenden Votum der gesamten Kongresskammer die nötige Mehrheit steht, ist alles andere als gewiss. Nach wie vor stehen die Demokraten nicht geschlossen hinter dem umstrittenen Projekt, das das 2,5 Billionen Dollar teure US-Gesundheitswesen so grundlegend umkrempeln soll wie seit 40 Jahren nicht mehr.
Der parteiinterne Widerstand zeigte sich bereits im Ausschuss, wo zwei Demokraten gegen die geplanten Ergänzungen stimmten. Ähnlich könnte es gegen Ende der Woche kommen, wenn das gesamte Repräsentantenhaus über das Vorhaben abstimmen muss. Zwar verfügt Obamas Partei in der Kammer über die Mehrheit, doch zahlreiche Demokraten sind skeptisch. Die Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, gab sich zwar betont zuversichtlich, bis zur Abstimmung die benötigen 216 von insgesamt 431 Stimmen zusammenzuhaben. Hinter den Kulissen liefen die Einzelgespräche mit potenziellen Abweichlern aber unvermindert unter Hochdruck weiter.
Republikaner laufen Sturm
Die Opposition beteuerte derweil, auf jeden Fall gegen die Reform Sturm zu laufen. "Wenn es eine Sache gibt, die das amerikanische Volk nicht will, dann ist es eine zusätzliche Bürokratisierung und eine Verteuerung des Gesundheitswesens", schrieben die jeweils ranghöchsten Republikaner der beiden Kongresskammern, Mitch McConnell und John Boehner, in einem gemeinsamen Gastbeitrag für das "Wall Street Journal". Die Partei kündigte an, mit Fernsehspots jene Demokraten bloßzustellen, die für das Vorhaben stimmen - eine Drohung, die der ein oder andere Abgeordnete im Vorfeld der Kongresswahlen im November durchaus ernst nehmen dürfte, zumal die Reform ohnehin in der Bevölkerung höchst umstritten ist. Einen ersten Denkzettel bekamen die Demokraten bereits bei der Senatsnachwahl in Massachusetts verpasst, als der seit fast einem halben Jahrhundert von ihnen gehaltene Senatssitz an den Kandidaten der Republikaner ging.
Obama kennt die Probleme, doch nach mehr als einem Jahr hitziger Debatten und mehrerer gescheiterter Versuche, die Republikaner mit an Bord zu holen, will er die Abstimmung möglichst noch in dieser Woche. Eine wichtige Auslandsreise verschob er extra, um noch einmal - ganz im Stile des begnadeten Wahlkämpfers - für die Reform zu werben. "Wir brauchen Mut", rief er bei einem Auftritt im US-Bundesstaat Ohio seinen Zuhörern zu. "In dieser Debatte geht es um sehr viel mehr als Politik." Die Reform soll 30 Millionen Amerikanern erstmals eine Krankenversicherung und damit eine bessere Gesundheitsversorgung verschaffen. Obama zeigte sich zuversichtlich, am Ende eine Mehrheit dafür zusammenzubekommen. Davon sei er überzeugt, sagte er dem TV-Sender ABC. "Wir schaffen das."
Quelle: ntv.de, rts/AFP