Seehofer, die CSU und der nächste Fettnapf Die sonderbare Reise der Dagmar Wöhrl
07.05.2013, 19:38 Uhr
Wird Dagmar Wöhrl zum Problem für Horst Seehofer?
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Amigo-Affäre schadet Horst Seehofer. Ein halbes Jahr vor der Landtagswahl schlittert die CSU durch die Krise. Nun gibt es neuen Ärger. Im Mittelpunkt steht Dagmar Wöhrl. Die bayerische Abgeordnete soll sich im Bundestag krankgemeldet haben und unterdessen um die Welt gereist sein.
Dagmar Wöhrl ist völlig aus dem Häuschen. "Ich durfte Traktor fahren", schwärmt die Bundestagsabgeordnete. Erst am Sonntag twitterte sie vom Tag der offenen Tür im Knoblauchsland, einem Gemüseanbaugebiet zwischen Nürnberg und Erlangen. Das Bild zeigt Wöhrl im Dirndl auf einem Trecker. Das Erlebnis muss Erinnerungen geweckt haben. Direkt am nächsten Tag twitterte Wöhrl wieder ein Foto, diesmal in Schwarz-Weiß. Zu sehen ist die Fränkin, wie sie als kleines Mädchen auf einem Moped herumturnt. "Schon als Kind liebte ich schnelle Flitzer", schrieb die CSU-Politikerin dazu.
Die Zweiräder, Autos und Flugzeuge spielen eine wichtige Rolle im Leben von Wöhrl. Sie bringen sie vom einen Ort zum anderen, und Wöhr liebt das Reisen. Doch in diesen Tagen wird es ihr wieder einmal zum Verhängnis. Erst Anfang 2012 war Wöhrl in die Schlagzeilen geraten. Der "Spiegel" berichtete damals, wie sie Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel auf eine Reise nach Myanmar und Laos begleitete. Die CSU-Frau soll damals dadurch aufgefallen sein, dass sie sich über die mangelnden Shopping-Möglichkeiten beklagte.
Diesmal geht es wieder um eine Reise. Im Dezember 2012 fehlte Wöhrl im Bundestag krankheitsbedingt, während die Abgeordneten über die Entsendung deutscher Soldaten samt Patriot-Flugabwehrraketen in die Türkei zu entscheiden hatten. Doch Wöhrl hütete derweil offenbar nicht etwa das Bett. Einem Artikel der "Süddeutschen Zeitung" zufolge hielt sie sich unter anderem in Sri Lanka und im thailändischen Badeort Phuket auf. Wie schlecht ging es ihr wirklich?
Kinderarbeit in der CSU?
Sie habe sich ordnungsgemäß abgemeldet, verteidigt sich Wöhrl heute und verweist auf Knie-Probleme, die sie damals geplagt hätten. "Mit Rollstuhl und Krücken" sei sie in den Flieger gestiegen, um sich in Sri Lanka um die Arbeit ihrer gemeinnützigen Stiftung zu kümmern. "Falls ich hierdurch jemanden verletzt oder enttäuscht haben sollte, tut mir dies aufrichtig leid", entschuldigt sich Wöhrl. Was bleibt, ist der Beigeschmack. Denn Abgeordnete sind zur Teilnahme an Parlamentssitzungen verpflichtet. Wöhrl begründete ihr Fehlen mit Krankheit, Urlaub gewährte Bundestagspräsident Norbert Lammert nicht.
Der CSU kommt die erneute Unruhe überhaupt nicht gelegen. Die Partei steht seit über einer Woche wegen den Enthüllungen um Vetternwirtschaft heftig in der Kritik. Dutzende Minister, Staatsekretäre und Abgeordnete beschäftigten teilweise über viele Jahre Angehörige. Landtagspräsidentin Barbara Stamm veröffentlichte eine Liste mit den Namen von über 70 Parlamentariern. Darunter sind 56 Abgeordnete der CSU und 21 von der SPD. Auch acht amtierende und ehemalige CSU-Minister und Staatssekretäre haben demnach seit 2000 auf Familienhilfe zurückgegriffen. Den ehemaligen Fraktionschef Georg Schmid, der seine Frau als Sekretärin beschäftigt hatte, erwarten nun sogar strafrechtliche Konsequenzen. Die Staatsanwaltschaft Augsburg will gegen ihn ein Ermittlungsverfahren einleiten.
Doch nicht nur Wöhrl beschert Parteichef Horst Seehofer ein halbes Jahr vor der bayerischen Landtagswahl Ärger. Im Mittelpunkt der Vorwürfe steht auch weiterhin Georg Winter. Der CSU-Abgeordnete soll seine 13 und 14 Jahre alten Söhne als Aushilfskräfte in seinem Büro beschäftigt haben. Wie Landtagspräsidentin Stamm erklärte, sei dies mit dem Jugendarbeitsschutz nicht vereinbar. Winter, der aufgrund der Verwandten-Affäre schon in der vergangenen Woche vom Vorsitz des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen zurückgetreten war, will die Honorare für seine Söhne "vollumfänglich" zurückzahlen. Seine Chancen, im Herbst erneut für den Landtag zu kandidieren, dürften jedoch deutlich gesunken sein.
Quelle: ntv.de