Polizisten beim Ku-Klux-Klan Dienstgeheimnisse verraten
17.10.2012, 15:05 Uhr
Die rassistische Organisation verbreitet mit ihren Aktionen gezielt Angst.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Der baden-württembergische Innenminister Gall stuft die Mitgliedschaft zweier Polizisten im rassistischen Geheimbund Ku-Klux-Klan als "extremen Ausnahmefall" ein. Schwerer dürfte möglicherweise wiegen, dass Verfassungsschützer den KKK-Chef der Region vor Ermittlungen warnten.
Die Verwicklungen baden-württembergischer Sicherheitsbehörden mit dem rassistischen Ku-Klux-Klan (KKK) haben eine größere Dimension als bisher angenommen. Ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes habe den Leiter des KKK in Schwäbisch Hall darüber informiert, dass dessen Telefongespräche abgehört würden, berichteten die "Stuttgarter Nachrichten". Informierte Kreise bestätigten diese Angaben auch der Nachrichtenagentur dpa.
Zudem berichtete der "Tagesspiegel", dass das besagte KKK-Mitglied als V-Mann für den Verfassungsschutz gearbeitet habe. Der V-Mann ("Verbindungsmann") des Nachrichtendienstes habe die rassistische Organisation "European White Knights of the Ku Klux Klan - Realm of Germany" im Oktober 2000 gegründet und von da an geleitet, schreibt der "Tagesspiegel". Innenminister Reinhold Gall (SPD) will wegen der früheren Mitgliedschaft zweier Polizisten beim rassistischen Geheimbund Ku-Klux-Klan künftig die Verfassungstreue von Bewerbern systematischer prüfen. Sie sollen im Einstellungsverfahren gezielt zu einer etwaigen Mitgliedschaft in einer verfassungswidrigen Organisation befragt werden, erläuterte Gall in Stuttgart bei der Vorstellung eines Berichtes zu den KKK-Vorfällen. Auch werde an einen Fragebogen gedacht, wie es ihn in Bayern bereits gebe. Das Thema habe aber bislang bei Bewerbungen schon eine Rolle gespielt.
Bereits im Sommer war bekanntgeworden, dass zwei Polizisten vor zehn Jahren Mitglieder einer KKK-Sektion mit Sitz in Schwäbisch Hall waren. Die Ermittlungen rund um den Mord an der Polizistin Michele Kiesewetter aus dem Jahr 2007 hatten die dubiose Nähe der beiden Beamten aus Böblingen zum KKK aufgedeckt. Der Mord an Kiesewetter in Heilbronn wird der Neonazi-Terrorzelle NSU zugerechnet. Einer der beiden Polizisten im KKK war Kiesewetters Gruppenführer.
Stärkere Sanktionen möglich
Gleichzeitig kritisierte Gall das aus seiner Sicht zu milde und zu langsame Vorgehen gegen die beiden Polizisten im Jahr 2005. Sie waren mit einer schriftlichen Rüge wegen ihrer Mitgliedschaft von Spätherbst 2001 bis längstens September 2002 bei den "European White Knights of the Ku Klux Klan" davongekommen.
In dem Fall des Beamten auf Probe sei aus seiner Sicht eine Entlassung geboten gewesen, sagte Gall. Bei dem anderen Beamten auf Lebenszeit seien Disziplinarmaßnahmen wie Degradierung oder Gehaltskürzungen oder sogar ein Strafverfahren beispielsweise wegen Volksverhetzung denkbar gewesen. Rückwirkend kann heute gegen die beiden Polizisten, die noch im Dienst sind, nichts mehr unternommen werden.
Ob dem damaligen Innenminister Thomas Schäuble (CDU) die Vorfälle bekannt waren, ist unklar. Zwar gebe es einen Aktenvermerk, dass die Information der Hausspitze zugeleitet worden sei. Allerdings könne nicht nachgewiesen werden, dass sie sie auch erreicht habe. "Es lässt sich vermuten, aber nicht beweisen", sagte Gall. Der Innenexperte der Grünen, Uli Sckerl, wurde deutlicher: "Hier drängt sich der Verdacht auf, dass der Vorfall seinerzeit von Hausspitze und Polizeiführung verschleppt und bagatellisiert wurde."
Die Vorkommnisse rund um die als rassistisch, fremdenfeindlich und antisemitisch einzustufenden "European White Knights of the Ku Klux Klan" (EWK KKK) sind laut Gall extrem selten. "Rechtsextremistische Verhaltensweisen sind in der Polizei Baden-Württemberg die absolute Ausnahme."
In den vergangenen zehn Jahren sei "nur" zu rund 25 Vorkommnissen mit rechtsextremem oder fremdenfeindlichem Hintergrund in der Polizei ermittelt worden. "Aber auch diese Zahl ist nicht tolerierbar."
Quelle: ntv.de, dpa