Politik

Trotz erster Lösungen Dieses Jahr kein Frieden

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat Hoffnungen auf eine umfassende Friedensvereinbarung mit den Palästinensern bis zum Jahresende einen Dämpfer erteilt. "Ich glaube nicht, dass wir noch in diesem Jahr eine Vereinbarung treffen können, die Jerusalem einschließt", sagte Olmert nach Medienberichten vor dem parlamentarischen Ausschuss für Außen- und Sicherheitspolitik in Jerusalem. Bei den anderen Kernstreitpunkten seien die Differenzen mit den Palästinensern hingegen "nicht dramatisch", sagte der Regierungschef den Angaben zufolge.

Olmert hält nach Angaben aus der Regierung noch in diesem Jahr ein Teilabkommen mit Lösungen in Grenz-, Sicherheits- und Flüchtlingsfragen für denkbar.

Israel und die Palästinenser hatten im vergangenen November vereinbart, bis Ende 2008 eine Friedensvereinbarung auszuhandeln. "In der Frage der Flüchtlinge kann eine Vereinbarung erzielt werden, so dass wir keine Verantwortung übernehmen oder die Sache innerhalb des israelischen Kerngebiets lösen müssen", sagte Olmert. "Auch in der Frage des Grenzverlaufs gibt es eine Kluft, die man aber überbrücken kann." Man werde die Dinge zu einer demokratischen Entscheidung bringen, "die alle Positionen in Israel berücksichtigt", sagte der Regierungschef.

Jerusalem ausklammern

Olmert habe vorgeschlagen, die Verhandlungen über Jerusalem im kommenden Jahr fortzusetzen. US-Präsident George W. Bush strebt allerdings eine Einigung vor Ende seiner Amtszeit im Januar 2009 an. Die Jerusalem-Frage gilt als einer der zentralen Konflikte zwischen Israel und den Palästinensern, ohne deren Lösung eine umfassende Friedensregelung unmöglich erscheint. Die Palästinenser wollen im arabischen Ostteil die Hauptstadt eines künftigen eigenen Staates errichten, während Israel bislang die ganze Stadt als "ewige Hauptstadt" beanspruchte. In dem von Olmert angestrebten Teilabkommen soll den Angaben eines israelischen Regierungsvertreters zufolge nur allgemein von Jerusalem die Rede sein.

Pluspunkte für Washington sammeln

Während Olmert noch ein relativ positives Bild der Verhandlungen mit den Palästinensern darbietet und nur noch in der Jerusalemfrage ernste Hürden sieht, drohte am vergangenen Freitag die Autonomiebehörde unter ihrem Präsidenten Mahmud Abbas mit einem "Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Israel".

Der n-tv Nahostkorrespondent Ulrich W. Sahm zitiert einen namentlich nicht genannten Sprecher der Behörde, wonach Abbas auch eine unilaterale Staatsverkündung erwäge, ohne auf Israels Zustimmung zu warten. Salah Rafat von der PLO sagte, dass die Behörde nach den geplanten Gesprächen in Washington mehr Klarheit erwarte und dann Entscheidungen treffen müsse. Die amerikanische Außenministerin hat die beiden Verhandlungsleiter Ahmad Qureia und Zipi Livni zu einem Treffen am 30. Juli nach Washington eingeladen.

Der israelische Rundfunk berichtete zudem, dass die Autonomiebehörde erwäge, aus Protest gegen israelische Maßnahmen von Ramallah nach Jericho umzuziehen.

Während die Israelis palästinensische Terroranschläge und mangelndes Vorgehen gegen Extremisten durch die Autonomiebehörde bemängeln, empören sich die Palästinenser über israelischen Siedlungsbau, über den Sperrwall und über die weiterhin bestehenden Straßensperren. Die gegenseitigen Drohungen dienen nach Ansicht Sahms freilich auch als Druckmittel und als Versuch, bei den Amerikanern für die jeweils eigene Seite Pluspunkte zu gewinnen.

Gazastreifen als "meuternde Provinz"

Weder Olmert noch Abbas erwähnen jedoch die größte Hürde für die Umsetzung eines Friedensvertrages: Die palästinensische Teilung in das von der PLO beherrschte Westjordanland und dem von der Hamas kontrollierten Gazastreifen. Am Montag schlug Präsident Abbas vor, den Gazastreifen zu einer "meuternden Provinz" zu erklären, in der "bewaffnete Banditen" ihr Unwesen trieben.

Hamas kämpft mit Fatah

Die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas verbot unterdessen die Verbreitung der drei wichtigsten palästinensischen Zeitungen im Gazastreifen. Das von der Hamas kontrollierte Innenministerium begründete dies damit, die Zeitungen hätten nicht fair über einen Bombenanschlag auf das Auto eines Hamas-Mitglieds berichtet. Nach dem Anschlag, bei dem am Freitag fünf Hamas-Mitglieder und ein Mädchen getötet wurden, waren die Konfrontationen zwischen Hamas und der rivalisierenden Fatah des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas neu aufgeflammt.

Hamas nahm am Samstag im Gazastreifen mehr als 160 Fatah-Mitglieder fest, Fatah revanchierte sich am Sonntag mit der Festnahme von etwa 50 Hamas-Anhängern im Westjordanland. Hamas, die vor mehr als einem Jahr gewaltsam die Kontrolle im Gazastreifen übernommen hatte, wirft Fatah vor, hinter dem Anschlag vom Freitag zu stehen. Die drei von Hamas verbotenen Zeitungen berichteten hingegen unter Berufung auf Fatah-Repräsentanten in Ramallah, Hintergrund des Anschlags sei ein interner Konflikt innerhalb der Hamas.

Kameramann weiterhin entführt

Der ARD-Vorsitzende Fritz Raff rief die Hamas auf, den verschleppten palästinensischen ARD-Kameramann Sawah Abu Saif sofort freizulassen. Der ARD-Journalist war in der Nacht zum Samstag von vier maskierten Hamas-Männern in seiner Wohnung festgenommen worden. Zur Begründung hieß es, Sawah Abu Saif stehe in dem Verdacht, ein Fatah-Aktivist zu sein. Raff sagte: "Dieser Verdacht, so hat das ARD-Studio in Tel Aviv überzeugend dargelegt, ist absurd. Außerdem gibt es Hinweise, dass bei Verhören Folter angewendet wird. Ich rufe die Verantwortlichen der Hamas dringend auf, unseren Mitarbeiter sofort freizulassen."

Quelle: ntv.de

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