Politik

Anschlag auf Abgeordnete Dutzende Tote in Afghanistan

Bei einem der schwersten Bombenanschläge seit dem Sturz der Taliban 2001 sind in Afghanistan Dutzende Menschen getötet und verletzt worden. Über die genaue Zahl der Opfer herrscht Unklarheit: Das Innenministerium sprach von 28 Toten, zuvor berichtete ein hoher Regierungsbeamter von mindestens 64 Getöteten. Unter den 81 Verletzten seien mindestens 42 Schulkinder, teilte das Krankenhaus in Baghlan mit. Mindestens fünf Parlamentarier und auch mehrere Kinder wurden getötet, wie aus Regierungskreisen verlautete.

Zwei Bomben explodierten in der Provinz Baghlan vor einer Zuckerfabrik, als eine Gruppe von Abgeordneten, hohen Beamten und Stammesvertretern das Werk besichtigen wollte. Insgesamt 18 Abgeordnete waren zu dem Werk rund 150 Kilometer nördlich von Kabul gereist. Schulkinder winkten den Regierungsvertretern zu, als die Sprengsätze explodierten. Unter den getöteten Abgeordneten ist auch Sajed Mustafa Kasimi, ein früherer afghanischer Handelsminister und einflussreicher Politiker der Nordallianz.

Das Werk zur Zuckerübenverarbeitung in Baghlan ist ein von Deutschland gefördertes Aufbauprojekt. Die Bundesregierung verurteilte den Anschlag und zeigte sich bestürzt. Die Stoßrichtung der Tat sei klar, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier. "Es sollen jene abgeschreckt werden, die sich für den Wiederaufbau Afghanistans einsetzen und ihrem Land eine echte Zukunftsperspektive eröffnen wollen." Die Terrorherrschaft der Taliban dürfe kein zweites Mal Oberhand bekommen, mahnte Steinmeier.

"Abscheuliche Tat"

Der afghanische Präsident Hamid Karsai verurteilte den Anschlag als eine abscheuliche Tat gegen den Islam und die Menschheit. "Das ist das Werk der Feinde von Frieden und Stabilität in Afghanistan." Extremisten der Taliban haben bereits in der Vergangenheit Anschläge auf hochrangige Beamte und Regierungsvertreter verübt. Bei keinem Anschlag zuvor kamen jedoch so viele Politiker ums Leben.

Im zentralen Hochland von Afghanistan haben unterdessen rund 60 Taliban-Kämpfer auf Motorrädern einen weiteren Bezirk überrannt. Sie beschossen die Bezirkshauptstadt Kadschran mit schwerer Artillerie, vertrieben die Polizisten und unterbrachen die wichtigste Straßenverbindung der Region, wie der Gouverneur der Provinz Day Kundi, Sultan Ali Urusgani, mitteilte. Zehn Soldaten und ein hoher Polizeioffizier seien in den Händen der Taliban, hieß es.

Bitte um Verstärkung

Der Gouverneur sagte, er habe die Regierung in Kabul und die NATO vergeblich um Verstärkung gebeten. Der Bezirk grenzt an die Provinzen Helmand und Urusgan, in denen es in diesem Jahr ebenfalls zu heftigen Kämpfen gekommen ist. Der Bezirk Kadschran ist schon der dritte, den die Taliban seit der vergangenen Woche in ihre Hand gebracht haben.

Die islamisch-fundamentalistische Miliz kontrolliert auch zwei Bezirke in der westlichen Provinz Farah, Bakwal und Gulistan. In der Vergangenheit haben die Taliban oft abgelegene Bezirke eingenommen, diese dann aber unter dem militärischen Druck der Regierungstruppen und der NATO wieder räumen müssen. Die Kämpfe in Afghanistan sind in diesem Jahr eskaliert. Seit Jahresbeginn kamen nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AP mehr als 5.600 Menschen ums Leben, die meisten von ihnen in den Reihen der Aufständischen.

Quelle: ntv.de

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