Politik

Neue Vertragstexte EU-Staaten einigen sich

Die Regierungen der 27 EU-Staaten haben sich auf Textentwürfe für eine neue rechtliche Grundlage der Europäischen Union geeinigt. Die portugiesische Ratspräsidentschaft teilte in Brüssel mit, Rechtsexperten der Mitgliedstaaten hätten die Texte von zwei Reformverträgen "vorläufig akzeptiert". Zunächst blieb jedoch ungewiss, ob nicht bei der EU-Gipfelkonferenz vom 18. und 19. Oktober in Lissabon einzelne Teile des Vertragswerks in letzter Minute erneut in Frage gestellt werden könnten. Falls dies nicht geschieht, so sollten die Verträge von den Staats- und Regierungschefs offiziell gebilligt werden, hieß es. Die förmliche Unterzeichnung werde jedoch erst später erfolgen.

Die neuen Reformverträge sollen spätestens 2009 in Kraft treten. Sie sehen unter anderem ein neues Abstimmungsverfahren (eine "doppelte Mehrheit" von Mitgliedstaaten und Bevölkerungszahl), eine Ausweitung der Gemeinschaftspolitik in den Bereichen Justiz und Inneres sowie eine Stärkung der gemeinsamen Außenpolitik vor. Die Reformverträge - ein "Vertrag über die Europäische Union" sowie ein "Vertrag über die Arbeitsweise der Union" - treten an die Stelle des Verfassungsentwurfs, dessen Ratifizierung 2005 bei Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden gescheitert war. Auch die neuen Verträge müssen von allen EU-Staaten ratifiziert werden, um in Kraft treten zu können.

Nach Angaben der Ratspräsidentschaft soll der von den Juristen gebilligte Textentwurf nun übersetzt und gegen Ende der Woche vorgelegt werden. EU-Diplomaten wiesen in Brüssel darauf hin, dass rein theoretisch die Widerspruchsmöglichkeit gegen einzelne Textpassagen erst an diesem Mittwoch auslaufe: Erst dann finde die letzte Sitzung des Expertengremiums vor dem Gipfel statt. Am 15. Oktober befassen sich die Außenminister mit dem Text. Diplomaten sagten, es könne nicht völlig ausgeschlossen werden, dass im Kreis der Außenminister oder beim Gipfel erneut Probleme auftauchten. "Es sieht aber derzeit so aus, als gebe es Grund zur Zuversicht."

Über Details der Einigung wurden zunächst keine Einzelheiten bekannt. Diplomaten sagten, der Text orientiere sich "sehr eng" an dem im Juni unter dem Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer dramatischen Nachtsitzung erarbeiteten Mandat für die Vertragsänderung. Der nachträgliche polnische Wunsch, eine Protokollnotiz über größere Blockademöglichkeiten in die Verträge selbst aufzunehmen, sei daher nicht berücksichtigt worden. Auf die "Charta der Grundrechte", die die britische Regierung nicht akzeptiert, wird in den Verträgen verwiesen. Nach Ansicht der EU- Regierungen ist die Charta damit für jene Mitgliedstaaten, die sich nicht ausdrücklich davon distanzierten, verbindlich.

Die Ratifizierung des Vertrages soll bis Anfang 2009 abgeschlossen sein, damit bereits die nächste Wahl des Europaparlaments und die Bildung einer neuen EU-Kommission nach den Bestimmungen der Reformverträge erfolgen kann. Die Ratifizierung der Verträge gilt jedoch in einer Reihe von Staaten als überaus schwierig.

Quelle: ntv.de

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