Politik

"Maut-Krieg" mit Brüssel? EU eröffnet Verfahren

Zwischen EU-Kommission und Bundesregierung droht ein Rechtsstreit über die für Ende August geplante Einführung der milliardenschweren deutschen Lkw-Maut. Die Kommission eröffnete am Mittwoch in Brüssel ein Beihilfe-Prüfverfahren und erklärte, damit sei die Einführung der Maut insgesamt ausgesetzt.

Bundesverkehrsminister Manfed Stolpe (SPD) wies dies zurück. Die Einführung der Gebühr sei nicht in Frage gestellt, weil sich die Untersuchung nur auf geplante Mauterstattungen für deutsche Spediteure beziehe. "Wir akzeptieren, dass es aufschiebende Wirkung hat im Blick auf unser Mauterstattungsverfahren. Die Einführung der Maut ist hier völlig unabhängig davon."

EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio hatte jedoch auf die Frage, ob Deutschland die Maut zum geplanten Termin am 31. August einführen kann, gesagt: "Im Prinzip nicht, denn wir haben das Verfahren eröffnet, und wenn das Verfahren nicht vorher abgeschlossen ist, gibt es einen aufschiebenden Effekt."

Stolpes Sprecher wies die Aussagen de Palacios entschieden zurück. Die geplanten Kompensationen für deutsche Spediteure seien nicht mehr Bestandteil des Mautgesetzes. Nachdem die Kommission das von Berlin bereits seit einem Jahr gewünschte Prüfverfahren bis zur Verabschiedung des Gesetzes im Mai 2003 nicht eröffnet habe, seien die Beihilfen wieder aus dem Gesetz herausgenommen worden.

Nach der Verfahrenseinleitung werde Berlin das Maut-System zunächst ohne das Anrechnungsverfahren einführen. Deshalb habe man die Maut auf 12,4 Cent pro Kilometer gesenkt. Ziel sei es aber weiter, die Abgabe auf 15 Prozent anzuheben und mit der Mineralölsteuer zu verrechnen.

Dann würden die deutschen Spediteure einen Ausgleich von jährlich rund 600 Mio. Euro für die Mautgebühr erhalten. Die Kommission sieht darin eine verbotene staatliche Beihilfe zu Lasten ausländischer Fuhrunternehmen.

Berlin will Brüssel nun von der Vereinbarkeit der Regelung mit EU-Recht überzeugen. Dem Ministeriumssprecher zufolge sind Alternativen wie etwa eine Absenkung der Kfz-Steuer denkbar, falls die EU die geplante Kompensation für unzulässig befinden sollte.

Stolpe begrüßte jedoch die Einleitung des Verfahrens. Nach Ministeriumsangaben wurde die Prüfung von der Bundesregierung selbst beantragt, um die Wettbewerbsbedingungen zu harmonisieren.

Verkehrsminister verteidigt Entschädigungen

Stolpe hatte die geplanten Entschädigungen für die deutsche Transportbranche zuvor verteidigt. Im Inforadio Berlin-Brandenburg sagte er, die deutschen Unternehmen seien im Vergleich zu ihren europäischen Konkurrenten in einer "sehr schwierigen Lage ".

In Frankreich und den Niederlanden würden die Firmen "zum Teil gegen die Vorschriften der europäischen Kommission " subventioniert. In den östlichen Nachbarländern hätten die Wettbewerber sehr günstige Lohnkosten. "Man muss zusehen, wie man da einen vernünftigen Ausgleich schafft." Die Bundesregierung sei gesprächsbereit. "Wir sind ja in keinem Maut-Krieg mit Brüssel." Die Lkw-Maut werde jedoch trotz der Bedenken der Kommission wie geplant eingeführt.

Stolpe räumt technische Schwierigkeiten ein

Stolpe räumte jedoch Probleme bei der Einführung der Maut ein. "Man muss sich schon Sorgen machen", sagte Stolpe im ZDF-"Morgenmagazin". Dennoch wies er Forderungen zurück, den Starttermin etwa bis zum Jahreswechsel zu verschieben und zunächst mit dem neuen System zu "üben". Dann würden sich die Probleme nur um einige Monate verlagern, sagte der Verkehrsminister. Daher solle der Starttermin eingehalten werden.

Spediteure fürchten Chaos

Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) befürchtet indes bei der Einführung der Lkw-Maut ein Chaos. "Wir werden wählen müssen zwischen Verkehrssicherheit und korrekter Mautbezahlung ", sagte BGL-Hauptgeschäftsführer Karlheinz Schmidt in derselben Sendung. Schmidt verwies auf Probleme beim Einbau der entsprechenden Kontrollgeräte. Nach einer Umfrage unter Spediteuren hätten "weniger als ein Prozent unserer Unternehmen bisher einen Einbautermin erhalten". Auch gebe es "reihenweise Pannen, so dass kaum ein Teil dieser wenigen Geräte, die probeweise eingebaut wurden, überhaupt funktioniert ".

Quelle: ntv.de

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