Keine Lösung für den Maidan EU kann nicht helfen, Russland will nicht
24.01.2014, 19:19 Uhr
"Ich habe Angst vor dem, was uns in den nächsten Stunden und Tagen in der Ukraine bevorsteht", sagt Oppositionsführer Klitschko.
(Foto: imago/UPI Photo)
Seit acht Wochen bekämpfen sich in Kiew Regierung und Opposition. Sie fechten einen Streit aus, der sich eigentlich zwischen der EU und Russland abspielt. Um die Straßenkämpfe zu beenden, müssten diese beiden intensiver miteinander reden - doch genau das Gegenteil passiert.

Mit einfachsten Mitteln schützen sich die Menschen auf dem Maidan vor den Gummigeschossen der Polizei.
(Foto: REUTERS)
Die EU hatte das Spiel eigentlich schon verloren gegeben. Als sich die Regierung der Ukraine im November dagegen entschied, ein Assoziierungsabkommen einzugehen, schauten die Diplomaten in Brüssel betroffen zu Boden. Man habe dem Land nicht genug geboten, hieß es. EU-Kommissar Günther Oettinger sagt mittlerweile, vielleicht habe man Putin unterschätzt.
Doch nun protestieren schon seit zwei Monaten zehntausende Ukrainer auf dem Unabhängigkeitsplatz, dem Maidan, in der Hauptstadt Kiew. Die Regierung schränkte die Demonstrationsrechte ein und vertrieb die Menschen, die Protestler reagierten mit einer Ausweitung ihrer Aktionen. Polizei und Demonstranten werden gewalttätiger, schon fünf Menschen starben. Zwar kündigt Präsident Viktor Janukowitsch eine Änderung von umstrittenen Gesetzen und eine Umbildung der Regierung an. Doch die Opposition hatte wesentlich mehr gefordert: Sie will den Rücktritt Janukowitschs und sofortige Parlamentswahlen.
Je länger die Proteste dauern, desto enger wird auch die Zwickmühle, in der sich die EU befindet: Gewalt gegen die Regierung kann sie nicht tolerieren - immerhin hat sie mit dieser Regierung vor Kurzem noch selbst verhandelt. Gleichzeitig kann sie es nicht ignorieren, wenn eine halbe Million Ukrainer eine Annäherung an die EU fordern. Die Politiker in der EU finden keine angemessene Reaktion: Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, will Sanktionen gegen die Ukraine nicht ausschließen, plädiert aber gleichzeitig dafür, "nicht die Tür zuzuschlagen". Angela Merkel ruft Janukowitsch dazu auf, die umstrittenen Gesetze doch noch einmal zu überdenken.
Ist eine Lösung von außen möglich?
Die EU schickt in der kommenden Woche ihre Chefdiplomatin Catherine Ashton nach Kiew - ein überzeugendes Vermittlungskonzept hat sie nicht in der Tasche. Zu unversöhnlich stehen sich die beiden Seiten gegenüber. Die Appelle zum Gewaltverzicht auf beiden Seiten haben etwas Verzweifeltes.
Wenn sich der Konflikt nicht innerhalb der Ukraine lösen lässt, dann vielleicht außerhalb? Das ist nun der neueste Ansatz aus Brüssel. "Die Lösung kann nur darin liegen, dass zwischen Moskau und Brüssel eine gemeinsame Linie entwickelt wird", resümierte EU-Kommissar Oettinger bei n-tv. Parlamentschef Schulz regt einen "internationalen Dialog" an.
Wie passend ist es da, dass in der kommenden Woche der EU-Russland-Gipfel stattfindet – sollte man meinen. Doch genau dieser Gipfel wurde vor erst gut einer Woche radikal zusammengestrichen. Ursprünglich sollte es ein zweitägiges Treffen geben, inklusive großem Abendessen. Nun bleiben nur zweieinhalb Stunden am kommenden Dienstag.
Russland bleibt gelassen
Angesichts der schlechten Stimmung zwischen Moskau und Brüssel habe es wenig Sinn, sich mit Details noch ausstehender Verträge zu befassen, hieß es. Die Lage in der Ukraine ist nicht der einzige, aber der wichtigste Grund für diese schlechte Stimmung. Dass die EU nun auf einmal doch an intensiveren Gesprächen interessiert ist, zeigt, wie nervös sie in der Sache agiert.
Russland dagegen schaut sich die Entwicklung in der Ukraine relativ gelassen an. Putin selbst mischt sich derzeit gar nicht ein, die Zeit und die Kälte in Kiew arbeiten für ihn. Mit billigem Gas hat Russland im November den Machtkampf um die Ukraine für sich entschieden. Warum sollte es jetzt etwas am Status Quo ändern wollen?
Ohnehin hat die Moskauer Regierung mit der Ausrichtung der Olympischen Spiele in Sotschi genug zu tun. In zwei Wochen geht es los, die Angst vor Anschlägen ist groß, die homosexuellen-feindlichen Gesetze in Russland sorgen bei einigen Teilnehmern für Unmut. Außerdem ist da noch Syrien, auf dessen Regime Russland als einzige Großmacht einen echten Einfluss hat. Etwas Krawall und Polizeigewalt in der Ukraine erhalten da nicht die ungeteilte Aufmerksamkeit des Kremls. Und eine gekränkte Europäische Union ohnehin nicht.
Quelle: ntv.de