Israelische Forderung EU soll Arafat boykottieren
06.10.2002, 00:12 UhrDer israelische Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser hat die Europäische Union zum Boykott von Palästinenserpräsident Jassir Arafat aufgerufen. Die Kontakte der Europäer mit Arafat und ihre Sympathiebekundungen ihm gegenüber seien Zeitvergeudung, sagte Ben-Elieser am Sonntag bei einem Treffen mit dem außenpolitischen Repräsentanten der EU, Javier Solana.
Ben-Elieser bat Solana, sich nicht mit Arafat zu treffen. Die Besuche von EU-Repräsentanten bei Arafat blockierten die Bemühungen um eine Reform der Autonomiebehörde, meinte Ben-Elieser.
In Gaza traf Solana mit Mohammed Dachlan, dem Sicherheitsberater von Palästinenserpräsident Jassir Arafat, sowie mit Führern der Fatah-Bewegung Arafats zusammen. An diesem Montag sind Gespräche Solanas in Ramallah mit Arafat selbst geplant. Solana sagte vor Journalisten, Ziel seiner Reise sei es, die Pläne des Nahost-Quartetts zur Beendigung des Nahostkonflikts und die Gründung eines Palästinenserstaates innerhalb von drei Jahren voranzutreiben. Zum so genannten Nahost-Quartett gehören die EU, die USA, Russland und die UNO.
Nach israelischen und palästinensischen Medienberichten wird der US-Nahostgesandte William Burns kommende Woche ebenfalls zu einer Vermittlungsrunde in der Region erwartet. Der britische Außenminister Jack Straw wird ab Wochenbeginn eine Reise durch mehrere Länder des Nahen Ostens und nach Iran unternehmen und dort die Irak-Krise sowie den Nahostkonflikt erörtern.
Aufschub für Arafat
Das palästinensische Parlament beschloss am Sonntag bei einer Sondersitzung, Arafat einen weiteren Monat Zeit zur Bildung eines neuen Kabinetts zu gewähren. Arafat hatte am späten Samstagabend ein Gesetz unterzeichnet, das Ost-Jerusalem zur Hauptstadt eines künftigen palästinensischen Staates erklärt.
Damit reagierte Arafat offenbar auf ein amerikanisches Haushaltsgesetz, das US-Präsident George W. Bush vor knapp einer Woche unterzeichnet hatte. Dieses Gesetz enthält eine Klausel, in der die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlangt wird. Palästinensische Beobachter gehen allerdings davon aus, dass das Gesetz nur von symbolischer Bedeutung ist und zunächst keine praktischen Auswirkungen haben wird.
Zwei Tote im Westjordanland
Die Vermittlungsbemühungen der EU waren am Sonntag von neuer Gewalt begleitet. Israelische Truppen drangen am Nachmittag mit Panzern in das Flüchtlingslager von Dschenin im nördlichen Westjordanland ein und töteten dabei einen Palästinenser. Anschließend kam es in der Stadt zu heftigen Zusammenstößen zwischen Soldaten und bewaffneten Einwohnern.
Zuvor war auf einem Feld bei Nablus ein 22-jähriger Palästinenser erschossen worden. Nach palästinensischen Angaben sind radikale israelische Siedler für die Tat verantwortlich. Ein israelischer Armeesprecher sagte, man prüfe den Bericht.
Quelle: ntv.de