Partnerschaft mit Moskau EU zögert
13.10.2008, 18:50 UhrDie Europäische Union ist wegen des Konflikts um Georgien derzeit noch nicht dazu bereit, die mit Russland auf Eis liegenden Verhandlungen über das neue Partnerschaftsabkommen wieder aufzunehmen. Die EU-Außenminister konnten sich in Luxemburg nicht darauf einigen, wann sie eine Entscheidung über den weiteren Umgang mit Russland fällen. Das umstrittene Thema wurde an die EU-Staats- und Regierungschefs weitergereicht, die sich zu ihrem Herbstgipfel am Mittwoch in Brüssel treffen. Die französische EU-Ratspräsidentschaft hätte die Gespräche mit Russland gerne im November wieder aufgenommen. Doch Großbritannien, Schweden, Österreich und andere EU-Länder bremsten.
Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner sagte, nun müsste die Kaukasus-Konferenz in Genf und die weitere Entwicklung der Lage vor Ort abgewartet werden. Die EU hatte die erst im Sommer gestarteten Gespräche über das wichtige Abkommen im September aus Protest gegen Russlands Krieg mit Georgien ausgesetzt.
Was will die EU?
Diplomaten zufolge ist unklar, was die EU von Russland noch erwartet, um an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten am 1. September die Gespräche über das Partnerschaftsabkommen ausgesetzt und einen militärischen Rückzug Russlands und Georgiens auf die Positionen vor dem Krieg verlangt. Eine Woche später hatte der französische Präsident Nicolas Sarkozy als EU-Ratschef bei einem Treffen mit Präsident Dmitri Medwedew jedoch weniger harte Bedingungen gestellt. Russland sollte binnen eines Monats seine Truppen aus dem georgischen Kernland und den Pufferzonen um Abchasien und Südossetien abziehen, nicht aber aus den abtrünnigen Gebieten selbst.
Kreml erfüllte Forderung
Diese Forderung hat Russland inzwischen erfüllt. Doch ist mit rund 7600 Soldaten in den abgespaltenen Provinzen viel mehr russisches Militär stationiert als früher. Russland erkannte die Unabhängigkeitserklärung der beiden Regionen an, für die EU sind sie nach wie vor Teil Georgiens. Außerdem gibt es noch Streit über die Stationierung russischer Truppen im Akalgori-Tal, das vor dem Krieg unter georgischem Einfluss war.
Deutschland für Verhandlungen
Deutschland, Italien und Luxemburg sprachen sich dafür aus, Russland nicht zu lange auf Abstand zu halten. Staatsminister Günter Gloser sagte, die Regierung in Moskau habe mit dem Truppenabzug ein deutliches Zeichen gesetzt. Aus Sicht der Bundesregierungen könnten die Verhandlungen über das Abkommen weitergehen. "Wir müssen schon überlegen, ob wir uns mit dem Stillstand in den Verhandlungen selbst einen Gefallen tun", sagte er. Schließlich sei der Pakt keine Gefälligkeit gegenüber Russland, sondern wegen der Energielieferungen von dort sehr im Interesse der EU. Allerdings wolle sich Deutschland auch nicht damit abfinden, dass Russland eine massive Militärpräsenz in beiden Provinzen halte. Darüber solle in Genf verhandelt werden.
Dort werden die Botschafter Russlands und Georgiens mit den Vereinten Nationen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa über den Kaukasus-Konflikt beraten. Am selben Tag treffen die Chefs 27 EU-Länder in Brüssel zusammen. Kouchner schloss nicht aus, dass der Gipfel Klarheit schaffen könne, wollte sich aber nicht festlegen, ob die EU bis zum EU-Russland-Gipfel am 14. November in Nizza weiß, was sie will. In einem frühen Entwurf der Erklärung zum EU-Gipfel hieß es, die Verhandlungen mit Russland könnten "im November" wieder beginnen. In der neuesten Version wird offenbar kein Zeitpunkt mehr genannt.
Fortschritte mit Weißrussland und Usbekistan
Während das Verhältnis zu Russland damit unterkühlt bleibt, ging die EU einen Schritt auf Weißrussland und Usbekistan zu. Das Einreiseverbot für den weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko und andere führende Politiker wurde für ein halbes Jahr ausgesetzt. Die Regierung, die die EU und die USA wegen Menschenrechtsverletzungen mit Sanktionen bestrafte, hatte politische Gefangene freigelassen und sich im Streit um die georgischen Gebiete Abchasien und Südossetien nicht auf die Seite Russlands gestellt. Doch Vermögenswerte aus Weißrussland bleiben vorerst weiter gesperrt.
Fortschritte beim Thema Menschenrechte belohnt die EU auch im Fall Usbekistans mit der Aufhebung von Einreiseverboten. Von den acht suspendierten Politikern sei ohnehin nur noch einer im Amt, sagte ein EU-Diplomat. Deutschland hatte für ein Zugehen auf Usbekistan geworben. Das Land mit den reichen Gasvorkommen ist für die Energieversorgung Europas strategisch wichtig. Das Waffenembargo wurde jedoch nicht aufgehoben.
Quelle: ntv.de