Politik

Bundeswehr für Freiwillige Eigene Partei bremst Guttenberg

Theodor zu Guttenbergs Plan: Zur Musterung nur noch freiwillig.

Theodor zu Guttenbergs Plan: Zur Musterung nur noch freiwillig.

(Foto: picture alliance / dpa)

Eine Kombination aus Berufsarmee und Freiwilligen schwebt Verteidigungsminister Guttenberg vor, die Bundeswehr soll auf etwa 165.000 Mann verkleinert werden. Mit der CSU tritt jetzt die eigene Partei auf die Bremse - nichts sei bislang entschieden. Als Folge der Reform würde zudem der Zivildienst komplett wegfallen.

Der geplante Umbau der Bundeswehr läuft immer stärker auf eine Freiwilligen-Armee hinaus. In Regierungskreisen wurde bestätigt, dass Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CDU) ein Modell favorisiert, das eine Kombination aus Berufsarmee und Freiwilligen vorsieht. Die "Süddeutsche Zeitung" und der "Deutschlandfunk" hatten dies zuvor berichtet. Die Größenordnung dieses Modells soll bei 156.000 Berufs- und Zeitsoldaten sowie 7500 Freiwilligen liegen. Zugleich wurde aber betont, dass es sich dabei nur um vorläufige Zahlen handele, die sich noch ändern könnten. Die Wehrpflicht würde nach diesem Modell nicht abgeschafft, sondern ausgesetzt und durch eine Art freiwilligen Wehrdienst ersetzt. Im Wehrpflichtgesetz wird schon heute die Möglichkeit eines freiwilligen Wehrdienstes genannt.

Mit seinem Plan erregt der Verteidigungsminister jedoch Unmut in der eigenen Partei: Guttenberg werde Anfang September "verschiedene Modelle zur strukturellen Weiterentwicklung der Bundeswehr vorstellen", erklärte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Zur Zeit gebe es "keine Vorfestlegung von niemandem." Es bleibe dabei, dass die CSU sich auf ihrem Parteitag Ende Oktober mit der Strukturreform der Bundeswehr befassen werde.

Guttenbergs Reformpläne sind ein heißes Eisen in der CSU, weil die Partei die Wehrpflicht immer unterstützt hat. Außerdem gibt es in Bayern fast 70 Bundeswehr-Standorte - viele CSU-Abgeordnete in Bundes- und Landtag fürchten Schließungen. Direkte Kritik an Guttenberg übte Dobrindt jedoch nicht. Parteichef Horst Seehofer hatte in den vergangenen Wochen zu erkennen gegeben, dass er eine Abschaffung der Wehrpflicht ablehnt - wobei nach Seehofers Meinung eine Aussetzung faktisch eine Abschaffung bedeuten würde.

"Spürbarer Verlust"

Das Familienministerium erarbeitet momentan bereits mehrere Varianten für den zukünftigen Zivildienst, der von der Umsetzung des Plans ebenfalls betroffen wäre. Dies geschehe in enger Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium, hieß es. Die Ergebnisse sollen Anfang September präsentiert werden. Klar ist, dass der Zivildienst in seiner jetzigen Form wegfallen würde, wenn sich das Reformmodell von Verteidigungsminister Guttenberg durchsetzen sollte.

"Kultur der Freiwilligkeit" statt Zivildienst?

"Kultur der Freiwilligkeit" statt Zivildienst?

(Foto: picture alliance / dpa)

Eine Kultur der selbstverständlichen Freiwilligkeit müsse gefördert werden, sagte der Bundesbeauftragte für den Zivildienst, Jens Kreuter. Das könne aber das jetzige System nicht eins zu eins ersetzen. Die Tätigkeitsbereiche würden sich verschieben, sagte Kreuter. Unbeliebte Stellen würden nicht mehr so häufig angenommen. Ein Wegfall des Zivildienstes wäre ein "spürbarer Verlust für soziale Einrichtungen".

Deswegen forderte der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Rudolf Seiters, in der "Augsburger Allgemeinen" eine attraktivere Ausgestaltung des Freiwilligen Sozialen Jahres. Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck sprach sich für mehr Anreize bei den freiwilligen Diensten aus. So sollten junge Leute besser vergütet und bei gleicher Qualifikation bevorzugt eingestellt werden.

Rotstift im Verteidigungsressort

Verteidigungsminster Guttenberg will die Armee und das Ministerium drastisch umbauen. Dahinter stecken Sparzwänge, aber auch der Wunsch, die Bundeswehr der heutigen Zeit anzupassen. Guttenberg prüft mehrere Modelle. Vom Tisch ist die Variante einer sehr stark verkleinerten Armee mit nur noch 150.000 Berufs- und Zeitsoldaten. Eine andere Option sieht die Beibehaltung der Wehrpflicht vor bei einer Gesamtzahl von 205.000 Soldaten. Doch auch dieses Modell gilt als unrealistisch, weil nicht mehr bezahlbar.

Die Bundeswehr hat nach eigenen Angaben derzeit insgesamt knapp 250.000 Soldaten. Darunter sind rund 190.000 Berufs- und Zeitsoldaten, mehr als 26.000 Soldaten leisten freiwillig länger Wehrdienst. Dazu kommen knapp 33.000 Grundwehrdienstleistende.

Das Kabinett hatte im Juni Einsparungen im Verteidigungsbereich in Höhe von 8,3 Milliarden Euro bis 2014 beschlossen. Die Truppenstärke soll um bis zu 40.000 Berufs-und Zeitsoldaten sinken.

Details des Freiwilligen-Dienstes offen

Grundausbildung in der Knüll Kaserne in Schwarzenborn (Hessen).

Grundausbildung in der Knüll Kaserne in Schwarzenborn (Hessen).

(Foto: dpa)

Die Details eines möglichen freiwilligen Wehrdienstes sind noch offen. Mit diesem Modell würde es keine zwangsweise Einberufung mehr geben. Denkbar wäre jedoch, dass die Erfassung junger Männer beibehalten wird. Für einen freiwilligen Dienst ist eine Zeitspanne von mehr als einem halben Jahr bis unter zwei Jahren im Gespräch. Auch eine Zeit von 18 Monaten soll geprüft werden. Eines steht aber schon fest: Die Wehrpflicht soll nicht aus dem Grundgesetz gestrichen werden. Dies hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) klargestellt. Sie hat aber bisher keine Präferenz für ein Modell erkennen lassen.

Guttenberg will nach dem 20. August seine persönliche Präferenz endgültig festlegen und die Kanzlerin informieren. Vorgesehen ist zudem, dass er am 23. August die Modelle zunächst den Verteidigungsexperten der schwarz-gelben Regierungskoalition vorstellt. Möglicherweise würden an diesem Tag auch die Obleute des Verteidigungausschusses unterrichtet, die eigentlich über die Situation in Afghanistan informiert werden sollten, hieß es.

Ähnlichkeit zu SPD-Modell

Auch eine formale Festlegung des Verteidigungsministers auf eines der Modelle bedeutet allerdings noch nicht automatisch eine Entscheidung über die Zukunft der Bundeswehr. Angesichts der sehr kontroversen Debatten in CDU und CSU hatte die Bundesregierung Guttenberg ausdrücklich beauftragt, mehrere Modelle vorzulegen. CDU und CSU wollen ihre Positionen zudem noch auf Parteitagen Mitte November beziehungsweise Ende Oktober festlegen. In beiden Parteien gibt es starke Kräfte, die die Wehrpflicht beibehalten wollen. Die FDP will sie dagegen abschaffen.

8,3 Milliarden Euro will die Bundesregierung bis 2014 im Verteidigungsetat einsparen.

8,3 Milliarden Euro will die Bundesregierung bis 2014 im Verteidigungsetat einsparen.

(Foto: dpa)

Die Überlegungen der SPD gehen in eine ähnliche Richtung wie die Guttenbergs. So hatte die Arbeitsgruppe Sicherheit und Verteidigung im Juli ein Konzept vorgelegt, das ebenfalls eine Aussetzung der Wehrpflicht und die Anwerbung von Freiwilligen empfiehlt. Eine erhebliche Differenz gibt es zwischen dem favorisierten Modell im Verteidigungsministerium und der SPD beim Gesamtumfang der Bundeswehr. Die Sozialdemokraten plädieren für eine erheblich größere Armee: Sie sollte etwa 175.000 Berufs- und Zeitsoldaten sowie 25.000 Kurzzeitdienern "mit Wehrpflichtcharakter" umfassen.

Bundeswehr soll attraktiver ...

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, fordert bei der Bundeswehrreform ein "Attraktivitätsprogramm" von einer Milliarde Euro für die Soldaten. "Wenn versäumt wird, in die Menschen bei den Streitkräften zu investieren, wird die Reform scheitern", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung". Nötig seien zum Beispiel bessere Bedingungen für Pendler. "Dieses Attraktivitätsprogramm hat ein Preisschild. Es ist mit Sicherheit eine Milliarde Euro wert."

... und professioneller werden

Die sicherheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Elke Hoff, forderte in der "Mitteldeutschen Zeitung" eine stärkere Professionalisierung der Bundeswehr. "Wir müssen auf internationale Einsätze vorbereitet sein und uns in den nächsten Jahren, wenn nicht Jahrzehnten mit asymmetrischen Bedrohungen herumschlagen,­ mit Terrornetzwerken, einzelnen Verrückten und organisierter Kriminalität", sagte Hoff. Man werde "sich nicht mehr leisten können, ein Drittel der Zeit- und Berufssoldaten zu binden, um Wehrpflichtige auszubilden und zu beschäftigen."

 

 

 

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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