Politik

Gipfelbilanz Eine strahlende Kanzlerin

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Beschlüsse des G-8-Gipfels zum Klimaschutz und zur Afrikahilfe als wichtige Weichenstellungen für die Lösung globaler Probleme verteidigt. Zum Abschluss des dreitägigen Gipfels der acht führenden Industrienationen sagte die Kanzlerin und G-8-Vorsitzende, in Heiligendamm seien weit reichende Beschlüsse gefasst worden, mit deren Hilfe es gelingen könne, der Globalisierung ein menschliches Gesicht zu geben. "Ich sage, es war ein erfolgreicher Gipfel, weil weit reichende Beschlüsse gefasst worden sind."

Als wesentliche Fortschritte beim Klimaschutz hob Merkel hervor, dass nach den Vereinbarungen von Heiligendamm alles unter dem Dach der Vereinten Nationen passiere. Alles andere wäre nicht machbar gewesen. Bedeutsam sei auch die Einigkeit, dass es langfristige Reduktionsziele bei den Treibhausgasen geben müsse.

1000 Festnahmen

Mit einer Abschlusskundgebung in Rostock gingen auch die großen Protestaktionen der G8-Gegner zu Ende. Mehrere tausend Menschen kamen zum Stadthafen, vor fast einer Woche Schauplatz schwerer Ausschreitungen. Nach Angaben der Polizei wurden insgesamt mehr als 1000 Personen festgenommen. Die Organisatoren des Protests werteten ihre Aktionen als Erfolg. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich zufrieden mit dem Einsatz von zeitweise 17.000 Polizisten.

Fazit des letzten Gipfeltages

Die G8-Staaten nehmen im Kampf gegen Armut, Seuchen und Klimawandel die Entwicklungsländer und wirtschaftlich aufschließende Nationen mehr in die Pflicht. Um die Folgen von Aids, Malaria und Tuberkulose zu lindern, geben die G8-Staaten 60 Milliarden Dollar (knapp 45 Milliarden Euro). Dieses beispiellose Programm hatte US-Präsident George W. Bush vorgeschlagen. Er nahm wegen einer Magenverstimmung nicht an einem Treffen mit afrikanischen Führern aus Nigeria, Ghana, Senegal und Algerien teil. Deutschland stockt seine Mittel für die Seuchenbekämpfung deutlich auf: Bis 2015 sollen insgesamt vier Milliarden Euro fließen.

Bei der klassischen Entwicklungshilfe standen die G8 auf der Bremse und gingen keine neuen milliardenschweren Verpflichtungen ein. Aufstrebende Nationen in Asien und Südamerika, die weltweit zu den schlimmsten Luftverschmutzern gehören, sperrten sich gegen verbindliche Pläne einiger G8-Staaten, den Ausstoß von Treibhausgasen in den kommenden Jahrzehnten drastisch zu verringern.

Gemeinsame Klimaschutzstrategie

Die G8 hatten am Vortag vereinbart, erstmals gemeinsam eine globale Klimaschutzstrategie unter dem Dach der Vereinten Nationen zu entwickeln und ernsthaft Wege zu prüfen, wie bis 2050 der Ausstoß von Treibhausgasen halbiert werden kann. Hilfsorganisationen und Umweltschützer warfen der G8 Versagen auf der ganzen Linie vor.

China und Indien nicht kooperativ

Chinas Staatschef Hu Jintao sieht beim Klimaschutz zuerst die reichen Länder in der Verantwortung. Sie hätten von der Industrialisierung am meisten profitiert. "Kein Land sollte sich von der historischen Verantwortung abwenden." Hu und Indiens Ministerpräsident Manmohan Singh lehnten Auflagen für Entwicklungsländer zur Verringerung der Emissionen ab. Merkel hatte Bush davon überzeugt, seinen hartnäckigen Widerstand dagegen aufzugeben. Die alarmierenden Berichte des UN-Klimarats sollen Basis für die Verhandlungen über ein neues Abkommen sein.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy zeigte sich nach seinem ersten G8-Gipfel mit den Fortschritten beim Klimaschutz hochzufrieden. Die Folgen der Erderwärmung werden auch beim G8-Gipfel im Juli 2008 auf der Insel Hokkaido in Japan ein wichtiges Thema sein.

Afrika in der Pflicht

Nach einem Treffen mit afrikanischen Spitzenpolitikern sagte Merkel, auch deren Kontinent sei in der Pflicht. Sie forderte einen konsequenten Kampf gegen Korruption sowie wirtschaftliche und politische Reformen. "Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und werden unsere Verpflichtungen erfüllen", sagte sie. Für die Afrikanische Union erklärte deren Vorsitzender, der ghanaische Präsident John A. Kufuor, der Kontinent werde seinen Beitrag leisten. "Afrika erwartet, dass die G8 ihre Versprechen einhalten."

Putin zur Raketenabwehr

Russlands Präsident Wladimir Putin präzisierte in Heiligendamm seine Vorschläge für eine Zusammenarbeit mit den USA bei der Raketenabwehr. Die USA könnten mögliche Abwehrsysteme zum Beispiel bei ihren südlichen Verbündeten wie der Türkei stationieren. "Oder auch im Irak -wofür hat man sonst Krieg geführt", sagte er auch als Spitze in Richtung Washington. Außerdem könnten die Abschussanlagen auch mobil stationiert werden. In Irans Nachbarland Aserbaidschan würde Russland alle Informationen aus der Radarstation Gabala den Amerikanern zugänglich machen.

Der scheidende britische Premierminister Tony Blair wies Putin in einem Gespräch auf eine zunehmende Besorgnis des Westens über die politische Entwicklung in Russland hin. Der Westen beobachte "bange", was in Russland geschehe, sagte er.

Druck auf Khartum

Die G8 erhöht gemeinsam mit den Vereinten Nationen (UN) und der Afrikanischen Union (AU) den Druck auf Sudans Regierung, um die humanitäre Katastrophe in der Darfur-Provinz zu beenden. Die G8-Staaten forderten die Regierung von Staatschef Omar al-Baschir auf, der geplanten rund 20.000 Mann starken Friedensmission in Darfur zuzustimmen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und AU-Kommissionspräsident Alpha Oumar Konar schickten gemeinsam einen entsprechenden Vorschlag nach Khartum.

Keine Einigung in Kosovo-Frage

Die Positionen Russlands und der anderen G8-Staaten in der Kosovo-Frage bleiben weiter auseinander. Putin sperrt sich gegen eine Unabhängigkeit der südserbischen Provinz. Im Atomkonflikt mit dem Iran drohten die G8 eine härtere Gangart an, sollte dieser die Uran-Anreicherung fortsetzen.

G8 bleibt 8

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich gegen eine Erweiterung des G8-Kreises um Staaten aus den so genannten Schwellenländern ausgesprochen. Die Kanzlerin und aktuelle Vorsitzende der G8-Staaten sagte zum Abschluss der Gipfelgespräche in Heiligendamm, möglicherweise seien die Erwägungungen der einzelnen Länder aber unterschiedlich. "Beim Klima ist die Sehnsucht nicht sehr groß, zu den G8 zu gehören", sagte Merkel. Wichtig sei, dass jetzt ein auf Dauer angelegter Prozess des ständigen Kontakts angelegt worden sei.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen