NATO redet wieder mit Moskau Eiszeit beendet
05.03.2009, 17:15 UhrDas Nordatlantische Bündnis beendet die politische Funkstille mit Russland. Die Außenminister der 26 NATO-Staaten beschlossen in Brüssel, die nach dem russischen Einmarsch in Georgien auf Eis gelegten Beziehungen neu zu beginnen. Litauens Außenminister Vygaudas Usackas gab nach stundenlangen Diskussionen seinen Widerstand gegen die Wiederbelebung des NATO-Russland-Rats auf. "Endlich hat wieder der gesunde Menschenverstand gesiegt", sagte ein Sprecher des russischen Außenministeriums in Moskau.
"Russland ist ein wichtiger Akteur, Russland ist ein globaler Akteur. Es ist nicht möglich, mit Russland nicht zu reden", sagte NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer. Meinungsunterschiede mit Moskau blieben. "Es gab eine sehr starke Übereinstimmung, dass der NATO-Russland-Rat sicherlich kein Schönwettergremium ist und dass das Wetter auch nicht schön ist", sagte De Hoop Scheffer. Das erste Ministertreffen von NATO und Russland soll "sobald wie möglich" nach dem NATO-Gipfel vom 3./4. April stattfinden.
"Meine Einschätzung ist im Moment, dass es noch ein bisschen verfrüht ist, einen offiziellen Dialog zu eröffnen", hatte Usackas unmittelbar vor dem Ministertreffen gesagt. "Ich denke, wir sollten eine ehrliche Bestandsaufnahme machen, ob ausreichend Fortschritte gemacht wurden, wenn wir wollen, dass Russland unsere Worte ernst nimmt." Seine Weigerung, der Normalisierung der Beziehungen mit Russland zuzustimmen, verzögerte das Ministertreffen um mehr als zwei Stunden.
Clinton schlägt Afghanistan-Konferenz vor
Die neue US-Außenministerin Hillary Clinton, die erstmals an einem NATO-Rat teilnahm, schlug eine internationale Konferenz über die Stabilisierung Afghanistans vor. Außer den 41 Staaten, die die 56.000 Soldaten der Afghanistan-Schutztruppe ISAF stellen, sollen auch die für die Region wichtigen Regierungen Russlands, Pakistans und Indiens teilnehmen. Auch der Iran werde zu dem am 31. März in Brüssel geplanten Treffen eingeladen, so Clinton.
Clinton sagte nach Angaben von Diplomaten, die von der neuen US-Regierung von Barack Obama eingeleitete Überprüfung der Afghanistan-Politik werde zu der Erkenntnis führen, dass "realistische und erreichbare Ziele" in Afghanistan angestrebt werden. Es müsse künftig um die "Stabilisierung Afghanistans" gehen, nicht darum, aus dem Land eine Demokratie nach westlichem Vorbild zu machen. De Hoop Scheffer betonte: "Wir sollten uns nicht in der Vorstellung wiegen, dass eine starke zivile Anstrengung bedeutet, dass wir weniger Soldaten brauchen werden. Wir brauchen mehr Truppen, um die zivilen Anstrengungen abzusichern."
Steinmeier lobt Diskussion
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von einer "guten und intensiven Diskussion" über die Beziehungen zu Russland. Einige osteuropäische Staaten hätten Wert darauf gelegt, dass die Wiederaufnahme "nicht bedeutet, dass die bestehenden Meinungsunterschiede unter den Teppich gekehrt werden - das war aber auch nicht unsere Absicht." Ein gemeinsames deutsch-amerikanisches Papier sei "hilfreich" gewesen.
De Hoop Scheffer sagte, die NATO billige die Politik Moskaus in einer Reihe von Punkten nicht. "Wir stimmen beispielsweise mit der Anerkennung Südossetiens und Abchasiens als unabhängige Staaten überhaupt nicht überein. Und wir sind auch gegen die Absicht, russische Militärbasen dort zu errichten." Das Bündnis sehe jedoch nicht nur bei der Schaffung von Nachschubwegen Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit Russland. Auch beim Kampf gegen Terror, Drogenhandel und Weiterverbreitung von Atomwaffen gebe es jedoch Chancen auf gute Zusammenarbeit.
Die US-Außenministerin hatte vor dem Treffen gesagt: "Ich glaube, dass es in einigen Bereichen ein großes Potenzial für Zusammenarbeit gibt. Und in anderen werden wir Probleme haben und unsere Position verteidigen. Und die Russen werden ihre verteidigen, und ich hoffe wir finden eine Einigung."
Quelle: ntv.de