Politik

EU-Beitritt und türkische Schulen Erdogan fordert Merkel heraus

Unmittelbar vor der Türkei-Reise der Bundeskanzlerin spricht sich der türkische Premier erneut für türkische Schulen in Deutschland aus. Zudem verlangt er die EU-Vollmitgliedschaft seines Landes. Die schwarz-gelbe Koalition reagiert abweisend.

Erdogan hat seine Forderungen noch einmal in aller Deutlichkeit unterstrichen.

Erdogan hat seine Forderungen noch einmal in aller Deutlichkeit unterstrichen.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

In angespannter Atmosphäre werden Bundeskanzlerin Angela Merkel und der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan am Montag in Ankara zusammenkommen. Erdogan verlangt in der "Zeit" erneut eine Vollmitgliedschaft seines Landes in der Europäischen Union (EU) und wiederholte eine frühere Forderung nach Einführung türkischer Gymnasien in Deutschland. Letzteres lehnten Politiker der schwarz-gelben Koalition empört ab.

Erdogan sagte: "Wir führen bereits die Verhandlungen - und zwar auf Vollmitgliedschaft. Für uns gibt es dazu keine Alternative." Merkel hatte dagegen am vergangenen Sonntag erneut für eine "privilegierte Partnerschaft" der Türkei in der EU geworben. Diese würde eine enge Anbindung der Türkei an die EU, nicht aber eine Vollmitgliedschaft bedeuten.

Kein "Beitrittsautomatismus"

Erdogan hatte das am Montag kritisiert und einen solchen Umgang mit seinem Land als nicht korrekt bezeichnet. Merkel will bei ihrem Besuch am Montag und Dienstag nächster Woche in Ankara und Istanbul für Alternativen zur Vollmitgliedschaft werben. Die seit 2005 laufenden Verhandlungen zwischen der EU und der Türkei kommen nur schleppend voran.

In ihrem Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und FDP festgehalten, dass die Verhandlungen ergebnisoffen sein müssten und es keinen "Beitrittsautomatismus" geben dürfe. Der "Zeit" sagte Erdogan: "Die EU-Verträge kennen keine privilegierte Partnerschaft. Für die Türkei wäre es ein großer Fehler, darauf einzugehen. Die meisten anderen EU-Länder akzeptieren diesen Vorschlag auch nicht." Er erklärte, die von der EU geforderten Reformen kämen gut voran.

Erdogan fordert türkische Schulen

Merkel wird nächste Woche persönlich mit dem Premier sprechen können.

Merkel wird nächste Woche persönlich mit dem Premier sprechen können.

(Foto: dpa)

Erdogan regte erneut die Einführung türkischer Gymnasien in Deutschland an. "In der Türkei haben wir deutsche Gymnasien - warum sollte es keine türkischen Gymnasien in Deutschland geben?" Er begründete seinen Vorstoß mit den Sprachproblemen vieler der 2,7 Millionen in Deutschland lebenden Menschen mit türkischen Wurzeln. "Hier hat Deutschland noch nicht die Zeichen der Zeit erkannt. Man muss zunächst die eigene Sprache beherrschen, also Türkisch - und das ist leider selten der Fall." Nach dem Abitur sollte es auch eine türkisch geprägte Ausbildung in Deutschland geben. "Das ist in meinen Augen kein Luxus, sondern ein Beitrag zur Integration."

Koalition reagiert empört

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, sagte der "B.Z.": "Es ist ein großer Vorteil, in zwei Sprachen zu Hause zu sein, aber es muss klar sein, dass die Sprache des Landes, in dem man dauerhaft lebt, gut beherrscht werden muss. Nur wer Deutsch kann, hat die Chance auf den sozialen Aufstieg."

CSU-Generalsekretär Dobrindt sagte dem "Spiegel" zur Forderung nach türkischen Gymnasien in Deutschland, Erdogan wolle die in Deutschland lebenden Türken für seine politischen Zwecke instrumentalisieren. "Solche Forderungen im Vorfeld des Besuchs unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel sind ein Affront."

Der integrationspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Serkan Tören, nannte es ein "falsches Signal", das zur Abgrenzung von der deutschen Gesellschaft führe. Richtschnur müsse die frühzeitige Hinwendung der Kinder zur deutschen Sprache sein, die Muttersprache könne in einem gesonderten Fach nebenbei erlernt werden.

Quelle: ntv.de, dpa

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