Breivik-Prozess in Norwegen Ermittler suchten erst Farbigen
24.04.2012, 18:21 UhrMehrere Tage lang befragt die norwegische Justiz den rechtsradikalen Attentäter Anders Behring Breivik. Nun widmet sie sich den Zeugen seines Massakers. Die ersten Ergebnisse: Die Sicherheitsbehörden verdächtigten zunächst einen Dunkelhäutigen und räumen ein, dass das Regierungsviertel nicht ausreichend geschützt war.
Tagelang konnte sich der Attentäter Anders Behring Breivik vor Gericht selbst in Szene setzen. Nun kommen die Zeugen seiner Gräueltaten zu Wort.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Nach dem Bombenanschlag des norwegischen Rechtsextremisten Anders Behring Breivik im Osloer Regierungsviertel haben die Ermittler zunächst nach einem dunkelhäutigen Täter gefahndet. Nach Sichtung von Videos aus Überwachungskameras sei die Polizei im anfänglichen Chaos von einem Täter "mit brauner Haut" ausgegangen, sagte der Polizist Thor Langli im Prozess um den geständigen Attentäter. Langli hatte die erste Phase der Ermittlungen nach dem Anschlag geleitet. widmet sich die norwegische Justiz nun den Aussagen der Zeugen des Massakers.
Nachdem sie von einem dunkelhäutigen Täter ausgingen fahndete die Ermittler nach Angaben Langlis eine Zeit lang nach zwei Attentätern. Ein Feuerwehrmann habe berichtet, einen "nordisch" aussehenden Mann in Polizeiuniform am Tatort gesehen zu haben, sagte er weiter. Daraufhin wurden alle Polizisten angewiesen, ihnen unbekannte Kollegen anzusprechen. Im äußersten Fall hätten sie auf Verdächtige auch schießen dürfen.
Sicherheitsbeamter verteidigt Behörden
Nach dem Anschlag kam in Norwegen Kritik auf, weil es Breivik gelang, ein sprengstoffbeladenes Fahrzeug so nahe an Regierungsgebäuden zu parken. Der Sicherheitsbeamte Inge Kristoffersen verteidigte die Behörden. Er schilderte, wie von seinem Arbeitsplatz in einem Regierungsgebäude aus gerade das Kennzeichen eines Lieferwagens überprüfen wollte, als der von Breivik abgestellte Wagen in die Luft flog. Es habe sich nicht wie eine Explosion angehört, sondern wie ein "Brüllen", sagte Kristofferson. Die Umgebung habe nachher wie ein "Kriegsgebiet" ausgesehen.
Kristoffersen fügte hinzu, dass Baumaßnahmen zur stärkeren Abriegelung des Gebiets seit langen geplant gewesen sein, da Autofahrer dort immer wieder unbefugt ihre Fahrzeuge abstellten. Die Baumaßnahmen seien damals aber gerade erst eingeleitet worden.
Gericht will Urteil im Juli fällen
Breivik zündete am 22. Juli 2011 eine 950 Kilogramm schwere Autobombe aus Kunstdünger in der Osloer Innenstadt. Acht Menschen starben, mehr als 200 wurden verletzt. Er habe mehr Opfer erwartet, sagte der geständige Attentäter bei seiner Befragung in der ersten Prozesswoche: "Das primäre Ziel war, die gesamte Regierung zu töten, inklusive den Staatschef."
Anfang der Woche der Bombenexplosion. Manche Verletzte und Tote im Osloer Regierungsviertel standen in keiner Verbindung zur Politik und den Ministerien.
Nach seinem Sprengstoffanschlag tötete Breivik bei einem Amoklauf auf der Fjordinsel Utøya 69 Teilnehmer eines Sommercamps der Jugendorganisation der norwegischen Sozialdemokraten.
Der 33-Jährige muss sich seit Mitte April wegen Terrorismus und vorsätzlichen Mordes verantworten. Der Prozess soll insgesamt zehn Wochen dauern, das Urteil aber erst Mitte Juli fallen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP