Nahost-Frieden näher als gedacht "Ernsthafte Fortschritte"
09.11.2008, 17:33 UhrIn den Friedensgesprächen zwischen Israel und den Palästinensern soll es künftig keine neuen Zieldaten, Vorgaben oder Initiativen der internationalen Gemeinschaft mehr geben. Darauf haben sich beide Seiten im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich mit dem Nahost-Quartett geeinigt. Zugleich vermittelte die israelische Außenministerin Zipi Livni den Eindruck, dass sich beide Seiten näher gekommen seien, als bislang bekannt.
Israel und Palästinenser versprachen den vier Verhandlungspartnern des Friedensprozesses, dass sie ihre Gespräche fortsetzen. Nach den Worten von Israels Außenministerin Zipi Livni gibt es "ernsthafte Fortschritte". Im Frühjahr 2009 ist eine internationale Nahost-Konferenz in Moskau geplant. Zum Nahost-Quartett gehören die USA, die Europäische Union, die Vereinten Nationen und Russland.
Positive Zwischenbilanz
Auch das Quartett zog derweil eine positive Zwischenbilanz. Es gebe "substanzielle" Fortschritte, hieß es in einem Entwurf zu einer Erklärung. Zugleich wurde erneut einen Stopp des Siedlungsbaus in den Palästinensergebieten gefordert. "Das Quartett ruft dazu auf, die Anstrengungen für einen Frieden im Rahmen der Bemühungen von Annapolis fortzusetzen", hieß es in der Abschlusserklärung, die UN-Generalsekretär Ban Ki Moon vortrug.
Das Quartett kam zu einem Zeitpunkt zusammen, da die Bemühungen um einen Frieden auch wegen der Amtsübergabe der US-Präsidentschaft und der israelischen Neuwahlen im Februar nahezu zum Erliegen gekommen sind. Die USA, die ursprünglich ein Friedensabkommen bis Ende des Jahres angestrebt hatten, haben mittlerweile eingeräumt, dass eine solche Einigung 2008 nicht mehr möglich ist.
Bereits Arbeit an Landkarten
Livni und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zogen in Scharm el Scheich eine Bilanz des einjährigen Friedensprozesses. Dieser hatte auf der Konferenz von Annapolis (US-Bundesstaat Maryland) Ende November 2007 begonnen. Israel und die Palästinenser scheiterten jedoch mit der Absicht, einen Friedensvertrag bis zum Ende der Amtszeit von US-Präsident George W. Bush im Januar kommenden Jahres auszuhandeln.
Dennoch sind sich beide Seiten offensichtlich näher gekommen, als die öffentlichen Erklärungen erwarten ließen. Livni sprach nach Angaben des Außenministeriums von einem intensiven Prozess und ernsthaften Fortschritten. Es habe mehr als 100 Treffen gegeben. Beide Seiten hätten sich auf die Struktur eines Abkommens sowie die Klauseln geeinigt und würden bereits an Landkarten sowie Modellen für eine künftige Kooperation arbeiten.
Livni warb bei der internationalen Gemeinschaft um Geduld und um Verständnis für die Geheimgespräche. Sie verstehe die Zweifel angesichts fehlender Informationen über die Verhandlungen, sagte sie. "Von der internationalen Gemeinschaft sind Geduld, Respekt und die Bereitschaft gefordert, die Verhandlungen beiden Seiten zu überlassen", sagte Livni.
Israelische Opposition lehnt Verhandlungen ab
Israelische Medien hatten vor dem Treffen berichtet, dass Livni jeglichen Druck auf Israel und Zeitvorgaben für den Abschluss eines Abkommens verhindern wolle. Ein Grund dafür sei, dass in Israel am 10. Februar 2009 ein neues Parlament gewählt wird. Livnis stärkster innenpolitischer Rivale, Oppositionsführer Benjamin Netanjahu vom rechtsgerichteten Likud, lehnt den Annapolis-Prozess und die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern in der gegenwärtigen Form ab.
Der Annapolis-Prozess sieht vor, dass parallel zu den Friedensverhandlungen die Strukturen eines demokratischen Palästinenserstaates aufgebaut werden. Dazu gehören beispielsweise eine unabhängige Justiz sowie loyale und gut ausgebildete Sicherheitskräfte. Darüber hinaus soll das tägliche Leben der Palästinenser besser werden. Die internationale Gemeinschaft soll den Prozess finanziell fördern. Schließlich sollen die arabischen Staaten ihr Verhältnis zu Israel normalisieren.
Ägypten versucht indes weiter die Kluft zwischen den rivalisierenden Palästinenser-Gruppen zu überwinden. Zwar wurden für den Wochenbeginn geplante Versöhnungsgespräche abgesagt, weil die radikal-islamische Hamas einen Boykott der Gespräche angekündigt hatte. Nach Angaben der Fatah-Bewegung von Abbas könnten die Treffen jedoch in zwei Wochen nachgeholt werden. "Ägypten arbeitet hart daran, eine erneute Möglichkeit zu finden, so dass die Chance nicht komplett vergeben wird", sagte ein Fatah-Vertreter.
Kein Boykott-Ende gegen Hamas
Israel sieht nach Livnis Worten "die Notwendigkeit eines Palästinenserstaates, der jedoch kein Terrorstaat sein darf". Israels langfristige Interessen könnten nur durch Dialog und umfassende Vereinbarungen mit allen seinen Nachbarn erreicht werden.
Das Nahost-Quartett machte auch Hoffnungen der radikal-islamischen Hamas-Organisation auf ein Boykottende des Westens zunichte. Das Quartett rief alle Staaten dazu auf, die Anstrengungen im Kampf gegen Terror und Extremismus zu verdoppeln.
Assad glaubt nicht an Frieden
Der syrische Präsident Baschar al-Assad glaubt derweil nicht, dass Israel wirklich zu einer umfassenden Nahost-Friedenslösung bereit ist. Israels Verhalten bei den von der Türkei vermittelten indirekten Friedensgesprächen mit Syrien deute darauf hin, "dass es für sie nur Taktik gibt, aber keine strategische Entscheidung (für den Frieden)", sagte Assad bei einer Versammlung arabischer Parlamentarier in Damaskus.
Quelle: ntv.de