Jubel für Erdogan "Eroberer von Davos"
30.01.2009, 14:32 UhrNach seinem öffentlichen Streit mit dem israelischen Präsidenten Schimon Peres bemüht sich der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, die Wogen zu glätten. Seine Kritik habe sich nicht gegen Israel, gegen die Israelis oder gegen die Juden gerichtet, sondern allein gegen die israelische Regierung, sagte Erdogan in einer Rede in Istanbul.
Erdogan hatte am Donnerstagabend im Streit um den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen und im Ärger über die Moderation einer Gesprächsrunde Davos wütend verlassen. Bei seiner Ankunft in Istanbul wurde er für seinen Auftritt gefeiert. Tausende Demonstranten versammelten sich am Flughafen. Viele schwenkten türkische und palästinensische Flaggen sowie Spruchbänder mit Texten wie "Willkommen zurück, Eroberer von Davos" oder "Welt, schau auf unseren Ministerpräsidenten". Auch anti-israelische Slogans wurden gerufen.
Das allerdings verbat sich Erdogan. "Wir sind gegen Antisemitismus", betonte er. "Wir üben keine Pauschalkritik." Sein Land stehe auf der Seite des Friedens und habe als Vermittler in der Region gute Absichten. Wer Gräueltaten nur zuschaue, der mache sich auch schuldig. Die Türkei kritisiere den Einsatz von Panzern und die Tötung von Kindern im Gazastreifen.
Peres will Freund bleiben
Auch Peres bemühte sich, den Streit möglichst rasch beizulegen. Peres rief Erdogan noch in der Nacht zum Freitag an und äußerte sein Bedauern, wie Erdogan sagte. Die israelische Tageszeitung "Haaretz" zitierte Peres mit den Worten: "Freunde können sich manchmal streiten."
"Ich habe stets großen Respekt für die Türkische Republik und für Sie als ihren Ministerpräsidenten empfunden", wurde Peres weiter zitiert. Er betrachte sich weiter als Freund der Türkei und ihres Regierungschefs, soll Israels Staatsoberhaupt betont haben.
"Die Türkei ist groß und wichtig"
Scharfe Kritik übte Erdogan am Verhalten des Moderators der Podiumsdiskussion in Davos, der ihn nicht hatte ausreden lassen. Er lasse es nicht zu, dass mit der "Ehre der Türkei gespielt" werde. "Eine neue Ära hat begonnen. Die Türkei ist nicht ein beliebiges Land. Die Türkei ist groß und wichtig. Wer in die Geschichte schaut, wird das sehen."
In der Türkei gab es auch Kritik am Auftritt des Ministerpräsidenten. Der Oppositionspolitiker Onur Öymen von der sozialdemokratischen CHP sagte, Erdogan habe ein gutes Anliegen sehr schlecht vertreten. Der Erdogan-kritische Kolumnist Oktay Eksi schrieb in der Zeitung "Hürriyet", die ganze Welt habe erlebt, dass die Türkei einen Ministerpräsidenten habe, "der sich nicht beherrschen kann".
Nach Informationen der ARD hat Erdogans Ausbruch eine Vorgeschichte. Der türkische Regierungschef sei vom Israel enttäuscht, berichtete der Sender. Einen Tag vor Beginn des Gazakriegs habe der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert bei einem Besuch in Istanbul Erdogans Frage verneint, ob sein Land einen Militärschlag gegen das Palästinensergebiet plane. Erdogan habe das Verhalten Olmerts als persönlichen Affront gewertet.
Quelle: ntv.de