Politik

Eon-Chef warnt vor Turbo-Atomausstieg Ethikkommission hört Experten an

Bei der öffentlichen Anhörung der Ethikkommission in Berlin.

Bei der öffentlichen Anhörung der Ethikkommission in Berlin.

(Foto: dpa)

Als Lehre aus den Stuttgart-21-Protesten veranstaltet in Berlin die Ethikkommission einen Runden Tisch zum Atomausstieg. Das Fernsehen ist live dabei. Die Stromkonzerne und die energieintensiven Unternehmen kämpfen für ihre Meiler, die Ökostrombranche will die schnellstmögliche Energiewende.

Eon-Chef Teyssen kann sich einen schnellen Ausstieg nicht vorstellen.

Eon-Chef Teyssen kann sich einen schnellen Ausstieg nicht vorstellen.

(Foto: dapd)

Eon-Chef Johannes Teyssen hat die Bundesregierung vor einem zu schnellen Atomausstieg gewarnt. "Eine zu kurze Brücke ist eine sinnlose Brücke", sagte Teyssen in Berlin in einer öffentlichen Sitzung der von der Regierung eingesetzten Ethikkommission.

Die Vertreter der Ökostrom-Anbieter verteidigten ihre Pläne. Energie aus Wind, Sonne, Wasserkraft und Biomasse könne bald die Atom-Lücke komplett schließen. Auch Forscher, Umweltschützer und Jugendverbände sollten bis zum Abend bei der live im TV übertragenen Anhörung im "Rat der Weisen" nach ihrer Meinung gefragt werden.

Kommissionschef Töpfer muss am Ende die Argumente zu einer Empfehlung an die Kanzlerin bündeln.

Kommissionschef Töpfer muss am Ende die Argumente zu einer Empfehlung an die Kanzlerin bündeln.

(Foto: dpa)

Bis zum 28. Mai will die 17-köpfige Ethikkommission auch unter Berücksichtigung der Expertenaussagen einen Bericht vorlegen. Dieser soll der Regierung bei ihrer für Juni geplanten Entscheidung darüber helfen, wie viele Atomkraftwerke in Deutschland nach der Katastrophe von Fukushima dauerhaft vom Netz gehen sollen und bis wann der letzte der 17 Meiler abgeschaltet wird.

Plädoyer für die Atomkraft

Teyssen unterstrich, nur mit der Brücke Kernenergie könnten der Bau vieler neuer Gas- und Kohlekraftwerke verhindert und die deutschen CO2-Klimaziele erreicht werden. Auch sei bei einem schnellen Ausstieg nichts gewonnen, wenn Atomstrom aus dem Ausland importiert werde. "Diese Vorteile muss man im Auge behalten, bevor man sie leichtfertig bei Seite schiebt", sagte der Chef von Deutschlands größtem Stromkonzern.

Auch Trimet-Chef Schlüter hat sich Zeit genommen, seinen Standpunkt vorzutragen.

Auch Trimet-Chef Schlüter hat sich Zeit genommen, seinen Standpunkt vorzutragen.

(Foto: dapd)

Der Aufsichtsratschef des Essener Aluminiumkonzerns Trimet, Heinz-Peter Schlüter, sagte in der Anhörung, Atomkraftwerke seien Garanten für eine sichere Stromversorgung der Wirtschaft, weil sie die schwankende Erzeugung der Erneuerbaren ausglichen. "Bei vier Stunden Stromausfall wären alle unsere Produktionsanlagen zerstört."

Der durch das Atom-Moratorium ausgelöste Anstieg bei den Großhandelspreisen an der Leipziger Strombörse EEX koste die Wirtschaft mindestens 750 Millionen Euro extra pro Jahr.

Bis 2020 sind 47 Prozent Ökostrom möglich

Der Präsident des Bundesverbands Erneuerbare Energien, Dietmar Schütz, erklärte, bis 2020 würden vor allem Windkraft und Solaranlagen massiv ausgebaut. Laut Schätzungen können die Erneuerbaren bis dahin 47 Prozent des deutschen Strombedarfs decken. Heute sind es 17 Prozent.

Nach Angaben der halbstaatlichen Deutschen Energie-Agentur (Dena) fehlen für die Energiewende rund 4500 Kilometer an Stromautobahnen. Problematisch sei der starke Widerstand der Bürger. Die Gegner müssten sich nun fragen lassen, ob sie in Süddeutschland lieber eine Stromtrasse oder einen Windpark in den Voralpen haben wollten, sagte Dena-Chef Stephan Kohler.

Mieterbund nimmt Vermieter in die Pflicht

Die Milliardenkosten beim Gebäude-Energiesparen müssen nach Ansicht des Mieterbundes gerecht aufgeteilt werden. Die Ausgaben für die Sanierung alter Häuser und Wohnungen, um Strom, Gas und Öl zu sparen, sollten Staat, Vermieter und Mieter zu je einem Drittel tragen. "Die Energiewende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe", sagte der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Franz-Georg Rips. Es gehe ihm nicht darum, die Mieter zu schützen. "Auch daran kann es keinen Zweifel geben, dass die Mieter an den Kosten beteiligt werden. Es muss aber erträglich bleiben." Rips empfahl der Regierung, künftig Vermieter auch zu bestrafen, wenn sie nicht sanierten. "Der Mieter braucht ein Druckmittel." Problematisch sei, dass viele ältere Eigentümer kein Geld in neue Fenster oder Dächer stecken wollten, weil sie keine hohe Lebenserwartung mehr hätten.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen