Ungesicherte Infos als Kriegsgrund Ex-BND-Chef klagt USA an
28.08.2011, 10:02 UhrGanz bewusst hätten die USA aus ungesicherten Informationen des Bundesnachrichtendienstes einen Kriegsgrund gegen den Irak gestrickt, sagt Ex-Behörden-Chef Hanning. Er habe seine Bedenken im Vorfeld deutlich geäußert.

Hanning kennt als Ex-BND-Chef viele Details aus der internationalen Politik.
(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)
Der ehemalige Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), August Hanning, hat die USA beschuldigt, den Geheimdienst für ihre Begründung des Irakkrieges missbraucht zu haben. Der Zeitung "Welt am Sonntag" sagte Hanning, die US-Regierung habe im Frühjahr 2003 unbestätigte Informationen des BND über mobile irakische Biowaffenlabore im UN-Sicherheitsrat öffentlich als gesichert dargestellt. Auf diese Weise sei der wenige Wochen später erfolgte Angriff auf den Irak gerechtfertigt worden, obwohl dort keine Massenvernichtungswaffen gefunden wurden.
Laut Hanning plante Washington den Irakkrieg bereits im September 2001. Der BND habe nur zwei Wochen nach den Anschlägen vom 11. September einen Brief des US-Geheimdienstes CIA erhalten, in dem um die Übermittlung aller deutschen Erkenntnisse über den Irak gebeten worden sei. Besonderes Interesse habe die CIA an den Aussagen eines BND-Informanten mit dem Decknamen "Curveball" gehabt, hinter dem sich ein früherer irakischer Chemieingenieur verbarg. Er war 1999 als Asylbewerber nach Deutschland gekommen und hatte gegenüber dem BND unter anderem angegeben, dass der Irak rollende Biowaffenlabore besitze. Später gab er zu, in diesem Punkt gelogen zu haben.
Ehemalige hochrangige BND-Mitarbeiter sagten der Zeitung, die CIA sei mehrmals auf mehreren Kanälen davor gewarnt worden, die Angaben von "Curveball" als gesichert darzustellen. BND-Präsident Hanning habe seine Bedenken sogar in einem Schreiben an den damaligen CIA-Chef George Tenet geäußert. Dennoch habe die damalige US-Regierung unter Präsident George W. Bush die Aussagen des BND-Informanten öffentlich für die Kriegsvorbereitung genutzt.
US-Außenminister Colin Powell nannte in seiner berühmten Rede vor dem UN-Sicherheitsrat am 5. Februar 2003 drei bereits damals höchst umstrittene Gründe für ein militärisches Eingreifen gegen den Irak: das angebliche Atomwaffenprogramm des Landes, Verbindungen zu Al-Kaida und die Angaben aus Deutschland über mobile Biowaffenlabore.
Quelle: ntv.de, AFP