FDP gegen Ankauf der Daten Experten bewerten Steuer-CD
22.07.2010, 12:31 UhrDen deutschen Finanzbehörden wird eine weitere Steuer-CD mit Angaben über Kunden einer Liechtensteiner Bank angeboten. Die CD soll Daten hunderter mutmaßlicher Steuerhinterzieher enthalten. Nun prüft Schleswig-Holstein den Wert der Informationen. Doch die Kieler Koalition ist gespalten.
Eine kleine CD lässt Großverdiener zittern: Jetzt drohen weiteren mutmaßlichen Steuersündern in Deutschland Strafverfolgung und Nachzahlungen in Millionenhöhe. Die Behörden prüfen den Kauf einer CD mit Daten möglicher Steuerhinterzieher, die Kunden einer Bank in Liechtenstein sind. "Richtig ist, dass es diese Offerte gibt", sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums in Berlin. Er bestätigte damit Informationen der "Süddeutschen Zeitung". Die Finanzverwaltung in Schleswig-Holstein prüfe "die Werthaltigkeit der angebotenen Daten". Gekauft würden nur Daten, bei denen es sich lohne.

Die CD betrifft Kunden der Liechtensteinischen Landesbank.
(Foto: dpa)
Der Sprecher des CDU-geführten Finanzministeriums in Kiel, Torsten Borchers, wollte sich "zu möglichen laufenden Verhandlungen" nicht äußern. Laut "SZ" wurde die CD vor Monaten angeboten. Sie enthalte Daten hunderter mutmaßlicher Steuerhinterzieher, die bei der Liechtensteinischen Landesbank 500 Millionen Euro versteckt haben sollen. Die Kieler Behörden wollen dem Bericht zufolge die CD nach einer Stichproben-Analyse angeblich kaufen. Dies sei mit dem Bundesfinanzministerium abgesprochen. Dessen Sprecher sagte, sein Haus sei informiert. Der Anbieter wurde bislang nicht bekannt.
FDP sperrt sich gegen Kauf
Während Politiker von CDU, Grünen und SPD einen Kauf befürworten, kommt aus der FDP Widerstand. Steuerhinterziehung müsse mit allen legalen Mitteln bekämpft werden, sagte der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki. Es sei kaum denkbar, dass der Anbieter die Daten legal beschafft habe. "Das bedeutet, dass der Staat einen Straftäter belohnen würde, falls er den Datenträger kaufen sollte."
Indes gibt es aus Sicht des obersten Datenschützers in Kiel keine absolut zwingenden rechtsstaatlichen Gründe gegen einen Kauf. "Voraussetzung ist die hinreichend begründete Annahme, dass die Informationen den Verdacht von Steuerhinterziehung nach deutschem Recht begründen", sagte der Landesdatenschutzbeauftragte Thilo Weichert. Die Daten seien zwar in Liechtenstein unter Verstoß gegen das Bankgeheimnis und das dortige Datenschutzrecht beschafft worden. Dies hindere aber den deutschen Fiskus nicht, mit dem Täter zusammenzuarbeiten, weil die Geheimhaltung der Bankdaten vor der hiesigen Finanzverwaltung nach deutschem Recht unzulässig wäre.
"Dieses Jahr ist das CD-Boomjahr"
Derzeit beschäftigen sich deutsche Behörden laut "SZ" mit mindestens sieben solcher Steuer-CD-Fälle. Viele Steuersünder zeigen sich nach Bekanntwerden eines CD-Kaufs selbst an - auch wenn ihre Namen dort vielleicht gar nicht auftauchen.
Die immer neue Angebote von Bankdaten deutscher Steuerflüchtlinge haben eine ungeahnte Welle von Selbstanzeigen ausgelöst. "Dieses Jahr ist das CD-Boomjahr", sagte der Chef der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), Dieter Ondracek. Bis Mitte des Jahres habe es schon 25.000 Selbstanzeigen gegeben. Früher habe deren Zahl bei rund 2000 im Jahr gelegen. Insgesamt dürften mit Hilfe der Steuer-CDs sowie durch die Bemühungen von Steuerfahndern nach Ondraceks Worten bislang 1,5 bis zwei Milliarden Euro für die deutschen Steuerkassen hereingeholt worden sein. "Mit mehr Fahndern wäre ein Vielfaches zu erreichen", kritisierte er. "Man könnte sicherlich einen Betrag von zehn Milliarden Euro sicherstellen, wenn wir mehr Ermittler hätten", sagte Ondracek.
Durchsuchungen bei Credit Suisse
Daten möglicher Steuerbetrüger führten in den letzten Jahren zu vielen Verfahren. So wurde Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel wegen Hinterziehung von knapp einer Million Euro Steuern zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe und einer Geldbuße von einer Million Euro verurteilt. Bis Februar 2010 zahlten deutsche Steuersünder im Zuge dieser Affäre fast 200 Millionen Euro an Straf- und Nachzahlungen. Nach dem Kauf einer CD mit Daten über Kunden und Mitarbeiter der Schweizer Bank Credit Suisse leitete die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft im März rund 1100 Verfahren ein. Das Anlagevermögen soll 1,2 Milliarden Euro betragen.
Die CDU/FDP-Regierung in Baden-Württemberg hatte auf Druck der Liberalen den Kauf einer CD aus der Schweiz abgelehnt. Darauf sprang der Bund ein. Die Behörden rechnen in diesem Fall mit Mehreinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe - bezahlt wurden für die illegal beschaffte CD 185.000 Euro.
Im jetzt diskutierten neuen Fall sagte der finanzpolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Leo Dautzenberg (CDU), dem "Handelsblatt ": "Sollten die Finanzbehörden die Daten als stichhaltig einschätzen, sehe ich nicht, warum wir in diesem Fall von der bisherigen Linie des Ankaufens abweichen sollten." Ähnlich äußerte sich Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick. Schleswig-Holsteins SPD-Fraktionschef Ralf Stegner meinte: "Da die angebotenen CDs mit Daten von Steuerhinterziehern mehr bringen als sie kosten, sind wir dafür, dass sie gekauft werden."
Quelle: ntv.de, dpa