Politik

Erhöhung der Beiträge "Blödsinn" Experten kritisieren Kassen-Pläne

Die Kritik an der geplanten Erhöhung der Beiträge zur Krankenkasse ist groß - und substanziell. Experten aus Verbänden und Opposition monieren vor allem die Einfallslosigkeit der Koalition und fordern eine grundlegende Umstellung in der Finanzierung des Gesundheitssystems. Derweil zeigt ein Medienbericht, wie teuer die Erhöhung der Zusatzbeiträge für die Versicherten werden könnte.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Pläne der schwarz-gelben Koalition in Berlin, die Krankenkassenbeiträge auf 15,5 Prozent anzuheben, stoßen bei Patientenvertretern auf scharfe Kritik. Die Beitragserhöhung sei "Blödsinn" und eine "vollkommene Fehlentscheidung", sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP), Wolfram-Arnim Candidus, dem Deutschlandradio. Die Bundesregierung stelle sich mit dieser Entscheidung zudem selbst in Frage: "Sie hat vor der Wahl erklärt 'mehr Netto vom Brutto'. Das ist im Eimer", kritisierte der DGVP-Präsident.

Candidus forderte strukturelle Veränderungen im Gesundheitswesen. Er plädierte für eine Basisversicherung sowie eine zusätzliche Versorgung, "die auch den Bürger dazu bringt, mündig darüber zu entscheiden: Was will ich eigentlich, wenn ich krank werde?" Dazu gehöre auch, dass der Arzt erst dann mit der Krankenkasse abrechnen könne, wenn dem Patienten die Rechnung zur Kenntnisnahme und Unterschrift vorgelegt worden sei.

Der DGVP-Präsident beklagte ferner Geldverschwendung im Gesundheitswesen durch bürokratischen Aufwand, etwa beim Gesundheitsfonds oder über Dokumentationen zu Rabattverträgen oder Sonderausschreibungen für Medikamente und Hilfsmittel: "Dieses Geld fehlt für die Versorgung der Patienten."

Lauterbach stellt Armutszeugnis aus

Die Opposition kritisiert vor allem die fehlende Einsparungen mit harschen Worten. "Die Sparvorschläge sind ein Riesenmurks, ein Armutszeugnis für die Koalition", wetterte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, in den Dortmunder "Ruhr Nachrichten". "Beitragssatzerhöhungen und Kopfpauschale summieren sich mit dem steigenden Steuerzuschuss zu einer Dreifachbelastung für die Versicherten", rechnete Lauterbach auf und fügte hinzu: "Der Versicherte wird ausgequetscht, weil man nicht in der Lage ist zu sparen."

Lauterbach schlug stattdessen vor, die Arbeitgeber im Niedriglohnsektor "wenigstens bei den Kassenbeiträgen wieder stärker in die Pflicht zu nehmen". Auch die gutverdienenden Privatversicherten sollten nach Ansicht des SPD-Gesundheitsexperten in die Solidarität einbezogen werden. "Sie würden dann behandelt wie einkommensgleiche gesetzlich Versicherte - nicht mehr und nicht weniger. Schlecht verdienende Privatversicherte würden aus dem Solidartopf unterstützt", schlug Lauterbach vor.

Maximaler Zusatzbeitrag wird verdoppelt

Karl Lauterbach findet klare Worte.

Karl Lauterbach findet klare Worte.

(Foto: picture alliance / dpa)

Zur Schließung des Finanzlochs in der gesetzlichen Krankenversicherung plant die schwarz-gelbe Koalition nicht nur eine Anhebung des Beitragssatzes von derzeit 14,9 auf 15,5 Prozent. Es soll auch bei den Zusatzbeiträgen, die die Kassen von ihren Versicherten erheben können, eine Erhöhung geben.

Die Höchstgrenze des Zusatzbeitrags soll nach einem Zeitungsbericht vom kommenden Jahr an verdoppelt werden. Sie soll von einem Prozent des Einkommens auf zwei Prozent steigen, berichtet die "Frankfurter Rundschau" ohne Angabe von Quellen. Der maximale Zusatzbeitrag, den Kassen bei finanziellen Schwierigkeiten von den Versicherten erheben können, solle von 37,50 auf 75 Euro steigen. Der Beitrag, bis zu dem keine Einkommensprüfung der Versicherten vorgenommen wird, werde von 8 auf 12 oder 16 Euro angehoben.

Vereinbart wurde auch, dass die Zusatzbeiträge, die einige Krankenkassen bereits von Beschäftigten und Rentnern verlangen, steigen sollen. Für Geringverdiener soll es aber einen Sozialausgleich geben, hieß es. Für sie könnten niedrigere Beitragssätze gelten. CSU-Chef Horst Seehofer erklärte, die Koalition wolle eine "faire Lastenverteilung" erarbeiten. Bis zum kommenden Dienstag sollen letzte Details geklärt werden, sagte er.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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