"Kompass verloren" FDP bricht in Umfragen ein
10.02.2010, 13:00 UhrDas Erscheinungsbild der FDP ist so schlecht wie nie zuvor. Keine fünf Monate nach der Bundestagswahl landet die langjährige Achtprozentpartei wieder genau dort. Führende FDP-Mitglieder befürchten Auflösungstendenzen und sehen ihre Partei "sprachlos".

Es sieht nicht gut aus für die FDP und ihren Chef Westerwelle.
(Foto: dpa)
FDP-Vorstandsmitglied Wolfgang Kubicki hat das Erscheinungsbild seiner Partei scharf kritisiert. "Wir erleben derzeit eine gewisse Auflösung der Ordnung der FDP", sagte der FDP-Fraktionschef im Kieler Landtag dem Magazin "Stern". Die Kampagne für die Steuersenkungen sei "völlig missglückt". Die Partei sei "oft sprachlos", es gebe "keinen, der die Botschaften zusammenbindet".

Wolfgang Kubicki ist extrem besorgt über den Zustand seiner Partei und die schlechten Umfragewerte.
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Für Kubicki sieht es nach "nach außen so aus, als hätten wir den ordnungspolitischen Kompass verloren". Er sei besorgt, ob die FDP bis zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai ihre "vollständige Kampfkraft" wiederherstellen könnte. Auch der frühere FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt sagte dem "Stern": "Die Partei ist in einer ausgesprochen schwierigen Lage."
Die FDP liegt in den Umfragen inzwischen bei acht Prozent. Bei der Bundestagswahl hatte sie noch 14,6 Prozent erreicht und damit die schwarz-gelbe Koalition ermöglicht. Nach einer Umfrage im Auftrag des "Stern" sehen zwei Drittel der abgewanderten FDP-Wähler ihre Erwartungen an die Partei enttäuscht.
Vernichtendes Urteil der Wähler
Keine fünf Monate nach der Bundestagswahl werfen die Wähler der FDP Inkompetenz, Konzeptionslosigkeit und Überforderung vor oder eine unrealistische Haltung in der Steuer- und Finanzpolitik. 40 Prozent sagen laut Umfrage, sie hätten die FDP falsch eingeschätzt und kritisieren deren "Klientelpolitik". 39 Prozent der Abwanderer klagen über "schlechte Politik" und "Unfähigkeit".
Note "Nicht gut"
Bei allen Wählern erhalten die fünf FDP-Minister schlechte Noten: Ihre gemeinsame Leistung wird als "Nicht gut" bewertet. Unter den neuen FDP-Ministern schneidet Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger noch am besten ab. Mit ihrer Arbeit sind 37 Prozent aller Bürger zufrieden, 63 Prozent finden sie nicht gut. Mit Außenminister Guido Westerwelle sind 35 Prozent zufrieden, mit Gesundheitsminister Philipp Rösler 27 Prozent, mit Wirtschaftsminister Rainer Brüderle 26 Prozent. Auf die größte Ablehnung stößt Dirk Niebel. Dem Entwicklungshilfeminister geben 85 Prozent der Befragten eine schlechte Note.
Auch unter den FDP-Anhängern herrscht Enttäuschung über die Minister. Einzig mit Westerwelle ist eine Mehrheit von 55 Prozent zufrieden. Brüderle findet nur bei einem Drittel Zustimmung. Niebel ist auch hier das Schlusslicht mit 26 Prozent. Mit Leutheusser-Schnarrenberger und Rösler sind 38 beziehungsweise 39 Prozent zufrieden.
Grüne im neuen Umfragehoch
In der Wählergunst fiel die FDP gegenüber der Forsa-Umfrage aus der vergangenen Woche um einen Punkt auf acht Prozent. Die Union verlor zwei Punkte und kam auf 34 Prozent. Die SPD verharrte bei 22 Prozent, die Linkspartei bei elf Prozent. Die Grünen erreichten mit 17 Prozent ein neues Umfragehoch.
Für die Umfrage unter einstigen FDP-Wählern wurden 514 Menschen befragt. Für die Beurteilung der Minister wurden 1005 Bürger zwischen dem 4. und 5. Februar interviewt. Für die Sonntagsfrage wurden 2501 Wahlberechtigte zwischen dem 1. und 5. Februar befragt.
Quelle: ntv.de, dpa/rts