Die "vergessene Mitte" FDP spielt sich auf
06.01.2008, 14:34 UhrFDP-Chef Guido Westerwelle sieht seine Partei als Anwalt der "vergessenen Mitte" der Gesellschaft und will die Landtagswahlen in diesem Jahr zur politischen Wende nutzen. "Der Neosozialismus muss wieder klein geschrieben werden", sagte Westerwelle beim traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart. Nur wenn die FDP in Hessen und Niedersachsen nach den Wahlen Ende Januar mit der CDU an die Regierung komme, könne der "Linksrutsch" beendet werden.
Beruhigende Worte für Niebel
Westerwelle verteidigte seinen Generalsekretär Dirk Niebel gegen Attacken nach dessen Vergleich der großen Koalition mit den Zuständen in der DDR. "Ich möchte lieber Niebel als Generalsekretär, als jemanden der schweigt." Zudem begrüßte er die kritischen Äußerungen von Ex-Partei- und Fraktionschef Wolfgang Gerhardt am Erscheinungsbild der FDP. "Ich bin mal in die FDP eingetreten, weil man hier diskutieren kann", rief Westerwelle vor über 1000 Zuhörern im Stuttgarter Opernhaus.
Aufschwung kommt nicht an
Der FDP-Vorsitzende warf der SPD in Hessen und Niedersachsen vor, im Zweifel mit den Grünen und der Partei Die Linke regieren zu wollen. "Sie werden umfallen." Er beklagte, der Aufschwung komme in der "vergessenen Mitte" der Gesellschaft nicht an. Wegen der Maßnahmen von Schwarz-Rot habe eine vierköpfige Familie im vergangenen Jahr rund 1600 Euro weniger zur Verfügung gehabt.
Mehr für die Leistungsträger
Der Parteichef kündigte an, die FDP werde sich im Fall von Regierungsbeteiligungen stärker um die Leistungsträger in der Gesellschaft kümmern. "Leistung muss sich lohnen. Und derjenige, der arbeitet, muss auch mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet." Niebel lehnte erneut die in der großen Koalition diskutierten Mindestlöhne ab. "Mindestlöhne sind maximaler Unsinn."
Strafrecht ist ausreichend
Westerwelle wandte sich gegen die von der CDU geforderte Verschärfung des Jugendstrafrechts. "Wir haben in Deutschland kein Gesetzesdefizit. Wir haben ein Vollzugsdefizit." Die Strafen müssten auf dem Fuße folgen, damit Jugendliche daraus etwas lernten. Genau das sei aber zum Beispiel in Hessen nicht der Fall. Der dortige Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hatte die Debatte über schärfere Gesetze im Landtagswahlkampf forciert. Bei der Dauer der Verfahren ist Hessen laut Westerwelle gemeinsam mit Brandenburg Schlusslicht.
1000 neue Gesetze nützten nichts, wenn die Polizei in den Straßen nicht sichtbar sei, sagte Westerwelle. So mache sich die CSU in Bayern unglaubwürdig, wenn sie schärfere Gesetze fordere, obwohl sie zuletzt die Zahl der Polizisten reduziert habe.
Und noch mal Niebel
Zur Diskussion um Niebel sagte Westerwelle, dessen Entschuldigung reiche vollkommen aus. Ein Generalsekretär müsse "attackieren und dafür sorgen, dass sich die anderen gelegentlich erschrecken". Vor Dreikönig hatte es sogar aus der eigenen Partei Rücktrittsforderungen gegen Niebel gegeben. Dieser hatte am Samstag betont, er habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht "verunglimpfen" wollen.
Quelle: ntv.de